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Ein Kudu wie eine Statue

Wir haben die Spur verloren… Merde!  Ich drehe mich um und sehe in das bleiche Gesicht meines Jagdgast Patrick aus dem Norden Frankreichs. Es ist der zweite Tag und die Spätwinter Sonne hat sein Gesicht noch nicht verbrannt.  Der Schweiss perlt sich auf der Stirn. Ich wende mich wieder nach vorn, den Boden anstarrend, versuchen die Spur des Grossen Kudus wieder zu finden, welchen wir vor einer knappen Stunde beobachten konnten.  Von René Krafft

Patrick ist ein passionierter Jäger, er will hart arbeiten, zu Fuss, beobachten, pirschen, auf allen vieren, er will erleben, er will jagen auf den alten Grossen Kudu.

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Auf den Quartzkuppe.
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Blick in den Kameldornbaumwald.

E r war plötzlich aufgetaucht, und genauso schnell wieder verschwunden, aber lange genug für mich sichtbar um seine gewaltige Trophäe zu bestaunen. „Patrick, sieh her, schnell, dass ist der Kudu den Du schon lange haben möchtest“. Patrick ist zum vierten Mal zur Jagd angereist, einen guten Kudu hat er bereits erfolgreich erlegt. Aber er ist ein passionierter Jäger, er will hart arbeiten, zu Fuss, beobachten, pirschen, auf allen vieren, er will erleben, er will jagen auf den alten Grossen Kudu und ich habe mich entschlossen diesen grauen Geist unseres Busches zu überlisten. Aber jeder der schon mal hinter diesem Geist her war weiss, wie schwer es werden kann ihm auf den Fersen zu bleiben.

Und jetzt scheint es wieder so weit zu sein. Der Kudu ist weg, seine Spur hat sich in ein nichts aufgelöst. Aber ich kenne das Gelände hier auf Ibenstein bei Dordabis am Schafrevier wie meine Hosentasche, jeden Hügel, jedes Tal. Und der Trockenfluss spendet unterirdisch genug Wasser für den Kameldornbaum Wald. Viele riesige Bäume spenden zu dieser Jahreszeit viel Futter da ihre grauen, halb Mond förmigen Schoten reif sind und zu Boden fallen. Alle Tiere machen sich in dieser Trockenheit auf um diese Nahrung zu finden da sie einen grossen Teil des Eiweiss Bedarf decken.

Dieser Wald ist etwa 2 km von uns entfernt und der Kudu ist in seine Richtung unterwegs. Ich hatte gehofft, das Tier eher stellen zu können, da der Wald von vielen Tieren heimgesucht wird. Und da es kein Gras und Gebüsch dort gibt wird das Pirschen fasst unmöglich! Aber diese Herausvorderung haben wir gesucht. Ein Quarzit Hügel ragt auf halben Weg aus dem roten Kalahari Boden heraus. Das ist unser nächstes Ziel

Stumm bedeute ich Patrick mir zu folgen, in raschen Schritten schreiten wir die Wildwege entlang, gleiten leise durch das Dornengebüsch, es ist heiss geworden, und trocken, sehr trocken, aber ich kann jetzt keine Rücksicht nehmen, der Wagen mit kaltem Wasser steht 2 bis 3 Kilometer hinter uns auf dem Berg von wo aus wir den Grossen Kudu erspäht haben. Plötzlich eine Bewegung in meinem Augenwinkel! Elen Antilopen, die Riesen sind wohl auch auf dem Weg zu den Eiweiss spendenden Schoten. Schnell ein Foto bevor sie krachend durch den grauen Busch verschwinden. Weiter!

Auf dem Hügel angekommen kauern wir uns zwischen die weissen Felsen und glasen den weit erstreckten Wald unter uns ab. Springböcke, viele, Strausse, Gnus, Oryx und Giraffen sind zu sehen, alle um sich einen teil des Futters zu sichern. Aber wo ist der graue Geist, wo ist der Kudu?

Dann sehen wir ihn, gerade vor uns hat er sich fasst unsichtbar in den Schatten der grossen Bäume gestellt und wittert seitlich weg. Etwa 800 Meter weit Er und wir beobachten was das andere Wild macht, wenn wir gewittert werden und das Wild abspringt dann wird der Kudu auch nicht verweilen. Aber wir haben keine Eile, es ist fast Mittag, die Sonne senkrecht, der Weg führt uns von Schatten zu Schatten, langsam, erst aufrecht, dann gebückt, Patrick dicht hinter mir. Ich habe mir die Stelle gut eingeprägt. Da, schnell runter, ein Strauss kommt von links, wir müssen warten bis er vorbei zieht. Wir können auch nicht weiter nach rechts da sich dort auf einer Lichtung drei Streifen Gnus nieder getan haben. Und dann zieht auch noch ein Springbock schräg auf uns zu. Ich bedeute Patrick sich nieder zu kauern in dem spärlichen Schatten eines kleinen Busches, wir haben Geduld.

Und riesen Glück, wir werden nicht wahr genommen, die Tiere sind ruhig und ziehen ihres Weges, es geht weiter, aber nun geht es nur noch auf allen Vieren weiter, von Baum zu Baum, von Schatten zu Schatten, langsam, die kleinen Steinchen jetzt spüren an den Knien, und vorsichtig die langen Dornen der herunter gefallenen Asten zu umgehen. Dann wieder anhalten und nach dem Kudu ausschau halten. Er steht wie eine Statue, gross und mächtig zwischen den Bäumen, sein Gehörn durch die Aste verdeckt, aber ich kann die langen weissen Spitzen erkennen, sie sind nach aussen gedreht, ein Zeichen des Alters ist auch der dunkle Nacken, die Schulterblätter ragen über den Wiederriss, der Rücken gesenkt, jetzt nur keinen Fehler mehr machen! Selbst nach unzähligen Jagden auf dieses herrliche Tier klopft das Herz doch ein wenig schneller.

Patrick! Preparer! Calme! Ne bouche pas! und zu mir selbst: bleib ruhig! Ich glase in alle Richtungen, die Gnus liegen noch am selben Platz, der Strauss ist zwischen den Bäumen verschwunden und der Springbock hat sich in sicherer Entfernung nieder getan. Wir schieben uns vorwärts, auf dem Gesäss, ich voran, dann Patrick, die Waffe quer über den Schoss gelegt, dann Sina meine Dalmatiener Hündin, die uns langsam folgt aber immer hinter uns, oder knapp seitlich von mir bleibt. Sie kennt das Ziel!

Etwa 150 meter trennen uns noch von dem Kudu, eine gute Schuss Entfernung, es gibt keine Deckung mehr aber ein dicker Baum verdeckt das Blatt, also müssen wir es nochmal wagen ein paar Meter nach rechts in die Sonne zu schieben, langsam. Dann ist es so weit. Ein letzter zufriedener Blick in die Runde, es ist ruhig, still, und Patrick hat auf meiner linken Schulter aufgelegt! Da der Kudu etwas abgewinkelt steht muss Patrick knapp hinters Blatt zielen!

Der Schuss kracht durch die Mittagshitze, der graue Geist ist getroffen, aber etwas zu weit hinten, etwas hoch, aber gut genug, trotzdem springen wir auf und gehen am nächsten Baum in Anschlag. Sina ist schon hinter den hoch flüchtigen Kudu hinterher, er strauchelt, dann geht er zu Boden. Wir haben ihn, den Grossen Kudu, und was für eine Jagd, genau was Patrick erleben wollte! Er kann sein verschwitztes, staubiges Gesicht kaum abwenden! Wir sind beide Stolz als er einen spärlichen Ast dem Kudu ins Maul legt!

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Jagdgast Patrick Isaert mit Autor Rene Krafft.

„Ein letzter zufriedener Blick in die Runde, es ist ruhig, still, und Patrick hat auf meiner linken Schulter aufgelegt!“

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2014 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.