Im Kreuzfeuer: Der Kampf um die afrikanischen Wildhunde in Namibia

In Namibia findet der Kampf um das Überleben des Afrikanischen Wildhundes (auch als Hyänenhund bekannt) in einem Umfeld statt, das vom Kalahari African Wild Dog Conservation Project als ein „Kriegsgebiet“ bezeichnet wird.. Farmer, die um ihren Viehbestand fürchten, behelfen sich oft damit, diese bedrohten Tiere zu töten. Die Koordinatorin des Projekts, Nadja le Roux, weist darauf hin, dass die Auswirkungen der Bekämpfung alarmierend sind: „2021 bin ich auf sieben zerstörte Baue gestoßen. In allen diesen Baue waren Welpen umgekommen. Ich schätze, dass uns dieses Jahr etwa 100 Hunde verloren gegangen sind. Hochgerechnet auf unseren derzeitigen weltweiten Bestand sind 100 Tiere sehr viel.“ Kirsty Watermeyer

Der Afrikanische Wildhund – sein wissenschaftlicher Name Lycaon pictus bedeutet „bemalter Wolf“ – gehört zu den einzigartigsten und am stärksten gefährdeten Raubtieren des Kontinents. Diese sozialen Tiere mit ihrer markanten Fellzeichnung in Schwarz, Braun und Weiß haben eine komplexe Rudeldynamik und außergewöhnliche Jagdstrategien. Im Gegensatz zu anderen hundeartigen haben Wildhunde eine außerordentlich hohe Erfolgsquote bei der Jagd und arbeiten oft zusammen, um ihre Beute in koordinierter Weise zu töten.

Ihre Sozialstruktur ist matriarchalisch. Ein Alphapaar führt das Rudel und erhält starke Bindungen aufrecht, die für das Überleben unerlässlich sind. Wenn Schlüsseltiere, insbesondere Alphapaare, getötet werden, kann der Zusammenbruch des Rudels weitreichende negative Auswirkungen haben. So auch die komplette Auflösung des Rudels. Dann kann es vorkommen, dass Vieh gerissen wird, weil es die leichtere Beute ist – Konflikte mit Farmern sind vorprogrammiert. Nadja unterstreicht, wie wichtig es ist, die Stabilität von Rudeln zu schützen. „Junge Hunde können auf der Suche nach einem neuen Rudel Verwüstung anrichten“, sagt sie.

Anhand von Sender- Halsbanddaten hat die Projektarbeit gezeigt, dass die Reviere von Wildhunden in Namibia fast doppelt so groß sind wie erwartet. „Die Wildhunde meiden Farmen und nutzen alte Flussläufe und Entwässerungslinien“, erklärt Nadja. „Für die Schutzbemühungen ist es von entscheidender Bedeutung, ihre Bewegungen zu verstehen.“ Diese Erkenntnis unterstreicht die Notwendigkeit wirksamer Landbewirtschaftungsstrategien, bei denen die natürlichen Verhaltensweisen der Hunde berücksichtigt werden.

WILDHUNDE NÄHER BELEUCHTET

Nadja, in Namibia geboren, ist in einer umweltbewussten Familie aufgewachsen. Schon in jungen Jahren entfachte ihre Leidenschaft für Wildtiere und die Natur den Wunsch, mit Tieren zu arbeiten. Doch zunächst war sie im Tourismus tätig, hauptsächlich in kommunalen Gebieten und Nationalparks. Dadurch wurde ein tieferes Interesse an den Sozialwissenschaften geweckt, insbesondere am Verständnis der komplexen Dynamik zwischen Mensch und Wildtier.

Während ihrer Arbeit mit dem Cheetah Conservation Fund im Distrikt Okakarara erkannte Nadja ein Muster in den Informationen, die sie von den Farmern über Wildhunde erhielt. Sie stellte fest, dass Wildhunde immer wieder zur Sprache kamen. „Es handelte sich nicht um eine gelegentliche Sichtung, sondern es klang sehr dauerhaft.“ Nadja verfolgte die Bewegungen der Hunde und befragte die örtlichen Gemeinschaften. Dabei wurde klar, dass die Hunde nicht nur vorübergehende Besucher waren, sondern Baue in der Gegend hatten.

Indem sie Beziehungen zur örtlichen Gemeinschaft aufbaute, deckte Nadja die grausame Realität der Verfolgung von Wildhunden auf. Viele Farmer, getrieben von der Angst vor Viehverlusten, töteten die Hunde. „Wir fanden eeinen zerstörten Bau und zwei tote ausgewachsene Hunde zusammen mit zehn Tage alten Welpen“, berichtet sie über die tragischen Folgen dieses Konflikts.

Nadja gründete 2020 das Kalahari African Wild Dog Conservation Project inmitten der Herausforderungen der COVID-19-Pandemie. Mit dieser Initiative hatte sie das Ziel, sich ausschließlich auf Wildhunde außerhalb von Schutzgebieten zu konzentrieren. „Wir stellten fest, dass sich das Rudel stärker etabliert hatte, als alle angenommen hatten. In weniger als einem Jahr hatten wir drei verwaiste Würfe, was auf eine stabilere Population hindeutet“, so Nadja. Die Widerstandsfähigkeit dieser Tiere in einer Landschaft voller Gefahren sei nicht erwartet worden.

Einer der wesentlichen Erfolge des Projekts bestand darin, erstmals in Namibia zwei außerhalb von Schutzgebieten freilaufenden Wildhunden ein Senderhalsband anzulegen. „Das zeigte eine einzigartige Situation auf“, erklärt Nadja. „In Südafrika und Ostafrika sind die meisten Hunde in Nationalparks fragmentiert. Hier haben wir noch einen freilaufenden Bestand“. Das sei entscheidend, um das Verhalten und die Habitat-Nutzung der Hunde zu verstehen.

Afrikanische Wildhunde spielen eine sehr wichtige Rolle in ihrem Ökosystem. Sie regulieren die Beutetierpopulationen, was letztlich zur Gesundheit ihrer Lebensräume beiträgt. Wie Nadja erklärt, neigen sie dazu, Jagd auf schwache und kranke Tiere zu machen – was auch für Nutztiere gilt. Ihr kooperatives Jagdverhalten, ihre vokale Kommunikation und ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Umgebungen unterstreichen ihre Bedeutung für die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts. Diese Eigenschaften machen Wildhunde nicht nur zu faszinierenden Tieren, sondern auch unverzichtbar für Naturschutzbemühungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Integrität des Ökosystems.

Afrikanische Wildhunde sind die am zweitstärksten gefährdeten Großraubtiere in Afrika und die am stärksten gefährdeten im südlichen Afrika. Die endemische Population auf dem gesamten Kontinent wird derzeit auf 6.000 Tiere geschätzt – weltweit gibt es nur noch rund 1.400 ausgewachsene Wildhunde.

DIE HERAUSFORDERUNGEN

Farm-Landschaften stellen für Wildhunde eine große Herausforderung dar, da es häufig zu Konflikten mit Nutztierhaltern kommt. „So etwas wie einen wildhundsicheren Zaun gibt es nicht“, sagt Nadja. „Wenn sie in ein Viehgehege eindringen, können sie erhebliche Verletzungen verursachen und Vieh töten.“

Strategien zu finden, die den Bedenken der Farmer gerecht werden und gleichzeitig diese bedrohte Art schützen, ist für die Nachhaltigkeit der Ökosysteme und der Lebensgrundlagen entscheidend. Initiativen wie Frühwarnsysteme sind von größter Bedeutung für die Verringerung von Konflikten, denn bei Vorwarnung können Landwirte ihr Vieh rechtzeitig einpferchen, wenn Hunde in der Nähe sind.

Das Projekt geht weiter und Nadja bleibt hoffnungsvoll. „Wir sind zwar noch lange nicht da, wo wir sein müssen, aber wir sind immer noch in der Lage etwas zu bewegen“, sagt sie. Das Projekt konzentriert sich darauf, Wildhunde und ihre einzigartige Rolle im namibischen Ökosystem zu verstehen, und es zielt darauf ab, Toleranz in den Gemeinschaften zu schaffen, damit Wildtiere und Menschen nebeneinander existieren können. In einer Welt, die zunehmend durch den Klimawandel und den Verlust von Lebensräumen bedroht ist, bedeutet die Arbeit des Projekts eine wichtige Chance für das Überleben dieser bemerkenswerten Caniden.

Die Zukunft der Wildhunde ist eng mit den von ihnen bewohnten Landschaften verknüpft. Ihr Überleben ist untrennbar mit der Gesundheit der Ökosysteme verbunden, in denen sie sich aufhalten, und mit den Menschen, die diese Räume mit ihnen teilen.

Nadja le Roux, die Gründerin und Programmkoordinatorin des Kalahari African Wild Dog Conservation Project, ist 2023 vom Namibia Berufsjagdverband (NAPHA) mit dem angesehenen jährlichen Naturschützer-Preis Conservationist of the Year ausgezeichnet worden.

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2025 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.

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