Ländliche Gemeinschaften hier in Namibia sind durchweg für die Jagd. Wir haben rund 86 gemeinschaftlich verwaltete Hegegebiete, und in80 Prozent davon wird in der einen oder anderen Form gejagt. Auch die Gemeinschaften, in deren Hegegebieten nicht gejagt wird, wissen, dass die Jagd nicht nur wirtschaftliche Vorteile hat, sondern auch dem Naturschutz dient.“ Das sagt Maxi Pia Louis, der Direktorin von NACSO (Namibian Association of CBNRM Support Organisations). Ihre Aufgabe ist es, Hegegebiete und andere ländliche Vereinigungen dabei zu unterstützen, ihre natürlichen Ressourcen zu ihrem eigenen Nutzen zu bewirtschaften und den Naturschutz durch gemeinschaftsbasierte Aktivitäten zur Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen (CBNRM) zu fördern.
Maxi ist seit 15 Jahren über Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen für das CBNRM- Programm im Einsatz. Sie arbeitet leidenschaftlich gern mit ländlichen Gemeinschaften und ist eine Expertin für deren Perspektive zu diversen Themen. Auf die Frage, wie ländliche Gemeinschaften ihrer Meinung nach zur Jagd stehen, sagt Maxi: „Die Gemeinschaften wollen Wildtiere auf nachhaltige Weise nutzen können. Die Jagd kommt ihnen zugute, denn sie dient dem Naturschutz, erhält die Wildtiergebiete und sie ist ein geeignetes Mittel, um sicherzustellen, dass Wildtiere von der örtlichen Bevölkerung toleriert werden. Namibia ist ein trockenes Land. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Ressourcen in einem Gebiet nicht von zu vielen Tieren übermäßig beansprucht werden. Es geht um die nachhaltige Bewirtschaftung von Wildtieren.“
In Namibia gibt es Gemeinschaften, deren gesamter Lebensunterhalt von der Jagd abhängt. Wenn dort die Jagd eingestellt werden sollte, stehen sie vor einer Zukunft ohne jegliches Einkommen – nicht nur die direkten Einnahmen aus der Jagd und aus damit verbundenen Leistungen würden ausbleiben, sondern auch die Unterstützung für ihre Projekte und mehr.
Durch das Zusammenleben mit Wildtieren nehmen ländliche Gemeinschaften oft erhebliche Verluste in Kauf. „Das Zusammenleben mit Wildtieren hat seinen Preis“, sagt Maxi. „Im Kern ist es der Mensch- Wildtier-Konflikt. Ländliche Gemeinschaften müssen Ressourcen, die sie für ihr Vieh beanspruchen, mit den Wildtieren teilen: Weideflächen und Wasser. Oft sind diese Ressourcen bereits begrenzt. Wenn diese Gemeinschaften obendrein Vieh oder Nutzpflanzen an wilde Tiere verlieren, würden sie von öffentlicher Seite nur eine Kompensationsgebühr und nicht den vollen Wiederbeschaffungswert erhalten. Das ist der Preis, den man zahlt, wenn man mit Wildtieren lebt.“ Verständnis für die persönlichen Opfer, die diese Gemeinschaften auf sich nehmen, sollte Verständnis für ihren Wunsch wecken, ein Einkommen aus ihrem Land zu erzielen.
Maxi weist darauf hin, dass Verluste nicht die einzige Belastung sind, die das Zusammenleben mit Wildtieren mit sich bringt. Da ist allein schon die emotionelle Belastung der Angst. „Mit wilden Tieren zusammenzuleben ist furchteinflößend“, sagt Maxi. Außerdem können Wildtiere auch ein Gesundheitsrisiko für den Viehbestand darstellen. Beispielsweise sind die Büffel in der Sambesi-Region Träger von Krankheiten, mit denen Vieh infiziert werden kann.
„Bei uns in Namibia ist die nachhaltige Nutzung von Wildtieren ein Naturschutzmodell“, erklärt Maxi. „Doch Tierrechtsgruppen überall auf der Welt und selbst hier im eigenen Land verbreiten ständig Fehlinformationen, weil es in ihre Agenda passt. Sie machen geltend, dass die Jagd ein koloniales Konzept sei. Dabei wissen wir alle, dass es die Jagd schon lange vor dem Kolonialismus gab. Unsere Vorfahren haben gejagt“. Das gilt für alle Menschen auf der ganzen Welt. Unsere Vorfahren haben gejagt, um sich zu ernähren. Für die Menschen der Frühgeschichte war die Jagd überlebenswichtig.
Laut Maxi liegt der große Unterschied in der Übernutzung. In der Kolonialzeit wurden Wildtiere zügellos und weit über die Belastbarkeit der Bestände hinaus bejagt. Die Natur konnte sich nicht regenerieren. Heute wird die Jagd in Namibia auf ganz andere Weise betrieben. Wie in der NASCO-Dokumentation erläutert wird, gelten strenge Richtlinien. Die Jagd wird durch rechtliche Rahmenbedingungen mit klaren Kontrollsystemen und Meldepflichten geregelt. Die Richtlinien sollen auch gewährleisten, dass nur frei lebende, einheimische Arten in natürlichen Lebensräumen bejagt werden – Lebensräume, die groß genug sind, um eine gesunde Populationsdynamik zu gewährleisten. Des Weiteren sind die Entnahmen durch die Jagd in Namibia nachhaltig, da sie auf artspezifischen, wissenschaftlich anerkannten Jahresquoten für die bejagte Population beruhen. Durch diese und andere Kriterien schafft die nachhaltige Jagd (Conservation hunting) klare Anreize für das Umsatteln auf Wildtiermanagement als Landnutzung.
Wie Maxi sagt: „Indem ein gut funktionierendes System reguliert wird, stellt man sicher, dass es nachhaltig ist. Wir nutzen die Jagd als Erhaltungsmodell“. Und das zeigt sich an den Wildtierbeständen in Namibia: die Zahlen sind gestiegen und sie sind stabil.