Geduld wird belohnt: Durchhalten bei der Jad zu Fuß

Die Jagd zu Fuß ist ein Kraftakt. Aber sie hat mich geprägt und spielte eine entscheidende Rolle in den Anfängen meiner Jagdkarriere. Diethelm Metzger

Zum ersten Mal hatte ich Jäger zu Gast, seit ich 1995 die Farm meiner Eltern übernommen hatte. Ich hatte zuvor schon Jäger geführt, aber immer für andere und für meinen Vater. Nun hatte ich erstmals eigene Jagdgäste.

Die Gruppe bestand aus drei Franzosen. Einer von ihnen stellte von Anfang an klar, dass er nur die Pirschjagd praktiziere. Das war eine Umstellung für mich: ich war damit aufgewachsen, vom Ansitz oder, wenn nötig, vom Fahrzeug aus zu schießen.

Doch die von meinen Jagdgästen gewünschte Art des Jagens stieß bei mir auf Resonanz. Da sie pirschen wollten, machte ich es mir zur Aufgabe, auf ihre Vorlieben einzugehen. An jedes Stück Wild, das sie zu erlegen wünschten, pirschten wir uns heran und brachten es erfolgreich zur Strecke. Es war ein entscheidender Wendepunkt in meiner beruflichen Laufbahn, und seither bin ich dabei geblieben, die richtigen Jagdmethoden anzuwenden und nicht mehr vom Fahrzeug aus zu schießen.

Sichten und Pirschen ist eine Jagdmethode voller Herausforderungen. Aber wo ein Wille ist, da ist auch immer ein Weg. Wenn ich einen Jäger führe, der langsamer oder im Busch weniger geschickt ist, biete ich meine Hilfe an und passe unsere Vorgehensweise entsprechend an, damit er dennoch die Möglichkeit hat, einen erfolgreichen Schuss zu platzieren.

Die einzige Ausnahme von unserer Pirschregel war ein erfahrener Jäger, der durch einen Unfall gelähmt war. Durch den Busch pirschen war natürlich ausgeschlossen. Also bauten wir eine Rampe, um seinen Rollstuhl auf das Fahrzeug zu bugsieren. Es war eine dankbare Erfahrung, ihm dabei zu helfen, etwas zu erreichen, das er schon so gut wie abgeschrieben hatte.

Unsere Jagdmethode ähnelt der von Raubtieren in freier Wildbahn. Statt von Fahrzeugen aus zu schießen, pirschen wir uns an die Tiere im Veld und in der Nähe von Wasserquellen an. Üblicherweise pirschen wir in den Morgenstunden und machen um die Mittagszeit eine Pause in einem Ansitz. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, schießen wir von dort aus. Das Erfolgserlebnis ist einzigartig, wenn man eine Trophäe erlegt, nachdem man sich im Fußmarsch, sowie pirschend oder kriechend durch die Wildnis bewegt hat.

Eine besonders denkwürdige Jagd dauerte etwa vier Stunden. Wir fuhren durch bergiges Gelände auf einer benachbarten Farm, die wir damals gepachtet hatten, und sichteten einen schönen Kudubullen mit einigen Kühen. Als wir anhielten, wechselten die Kudus über einen Bergrücken und wir verloren sie aus den Augen. Doch damit gaben wir uns noch lange nicht geschlagen. Wir beschlossen, unser Glück zu versuchen und begannen, uns an die Kudus heranzupirschen. Allerdings stand der Wind nicht zu unseren Gunsten, so dass wir einen Bogen um die Herde machen mussten und schließlich die Fährte verloren.

Auf unserem Umweg stießen wir jedoch auf ein Schuppentier, das uns eine ganze Weile in seinen Bann zog. Beinahe vergaßen wir darüber unser eigentliches Ziel. Langsam pirschten wir weiter bis zu einer Stelle, an der ich die Kudus vermutete.

Als wir in einer Art Felsspalte stillhielten, machten wir etwa 80 Meter entfernt in einem Dickicht die Rückseite einer Kudukuh aus. Wir warteten zweieinhalb Stunden lang. Dann machte die Kuh den Abgang. Auf der anderen Seite des Dickichts hatte ich absolut nichts heraustreten sehen, weder nach links noch nach rechts. Daraus konnte ich folgern, dass die Kudus noch da waren.

Urplötzlich trat ein Kudu heraus, ein prächtiger Bulle. Er wechselte über den Kamm des kleinen Hügels und stand einfach da, äugte zu uns herüber, aber doch nicht ganz. Er bot den herrlichsten Anblick, den ich je von einem Kudubullen gehabt habe. Zu meiner Jägerin sagte ich: „Das ist ein guter Bulle, schießen Sie“. Sie gab einen hervorragenden Schuss ab. Der Kudu ging in eine kleine Schlucht ab, wo er verendete. Da wir ihn nicht per Fahrzeug erreichen konnten, mussten wir ihn an Ort und Stelle zerlegen, um ihn aus der Schlucht heraustransportieren zu können.

Bemerkenswert ist, dass die Jagd auf diesen Kudubullen mehr als vier Stunden dauerte. Aber alles in allem, samt Abtransport, vergingen sechs bis sieben Stunden. Das machte diese Jagd zu einem ganztägigen Bemühen.

Was den Zeitaufwand angeht, war dies das Stück Wild, für das ich am längsten gebraucht habe. Rückblickend finde ich die Jagd auf Kudus stets eine Herausforderung, und das macht mir am meisten Spaß. Ich bin der Meinung, dass Berufsjäger ihr Können wirklich unter Beweis stellen, wenn es ihnen gelingt, in freier Wildbahn und zu Fuß erfolgreich einen Kudubullen oder eine Elenantilope zur Strecke zu bringen.

In meinen 44 Jahren als Jäger habe ich unzählige Jagderlebnisse gehabt, und ich kann mich an jede einzelne Jagd erinnern. Die Herausforderung der Kudujagd habe ich am meisten zu schätzen gelernt. Zwar bietet gefährliches Wild wie Büffel und Elefant seine eigenen Herausforderungen, aber was mich wirklich reizt ist die Jagd auf Kudus – zu Fuß in ihrem natürlichen Lebensraum. Es stellt die Expertise eines Berufsjägers auf die Probe, und ich bin stolz darauf, Jagdgäste bei solch aufregenden Erlebnissen führen zu können.

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2024 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.

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