Der wogende, große Büffelklumpen wirkte wie eine homogene Masse, hier und da unterbrochen von einem Bullenkopf, der plötzlich über dem Rücken der Kühe auftauchte. Jedes Mal wiesen Kyne und ich einander auf ihn hin, nur um enttäuscht festzustellen, dass er noch zu jung war. Minuten vergingen. Ich schaute so angestrengt durch mein Zielfernrohr, dass mir übel wurde. In der Hoffnung, einen Blick auf ein geeignetes Tier zu erhaschen, das ich noch nicht gesehen hatte, schwenkte ich nach links und nach rechts. Dann hob ich den Kopf und begann, die Herde mit bloßem Auge abzusuchen. Ich beschloss, dass es der letzte Versuch sein sollte, bevor ich mich geschlagen gab.
Langsam musterte ich jeden einzelnen Bullen in meinem Blickfeld. Ich hatte fast das andere Ende der Herde erreicht, als sich die schwarze Masse aus Tieren teilte. Eine Lücke entstand… und durch glücklichen Zufall stand dort wie eingerahmt ein einzelner Büffel, der hinter dem Chaos der Herde verweilte. Die geisterhafte Gestalt hob sich als Silhouette in einer dichten Staubwolke ab. Das silbrige Gesicht und die blanken Hornbasen glänzten in einer Fata Morgana der Mittagshitze. Ich wusste sofort, dass ich meinen Bullen vor mir hatte. „Da hinten in der Herde ist ein uralter Dagga Boy! Definitiv abschussreif“, sagte ich aufgeregt. Bis ich beschrieben hatte, wo genau der Bulle stand, hatte ihn das Meer aus Tieren wieder verschluckt – er war verschwunden, bevor Kyne ihn ausmachen konnte. Ich hielt mein Fadenkreuz auf diese Stelle gerichtet und wartete verzweifelt auf eine weitere Lücke, während vor meinem geistigen Auge immer wieder ein weißes, kahl werdendes Gesicht erschien, und etwas, das wie ein abgebrochenes Horn aussah.
Endlich tauchte hinter einigen Kühen ein vom Wetter gegerbtes, haarloses Hinterteil auf. Auch ohne den Kopf zu sehen, wusste ich, dass er es war. Kyne hatte ihn ebenfalls gesichtet, und nun warteten wir in nervöser Anspannung darauf, dass sich die Kuh vor ihm weiter bewegte. Mein Daumen lag auf der Sicherung, Kyne musste nur noch grünes Licht geben. Schließlich machte die Kuh einen Schritt nach vorn, und ich hatte freie Sicht auf den Bullen. Er stand breitseits. „Das ist ein verdammt guter Bulle, Jack“, sagte Kyne, „nimm ihn auf der Schulter“.
Ohne zu zögern fixierte ich das Fadenkreuz so gut es ging und konzentrierte mich auf den Rythmus meiner ausatmenden Lunge. Der Schuss durchbrach die Stille, gefolgt vom fleischigen thwaap der Kugel, die in die muskulöse Schulter des Büffels drang. Die Herde stob davon, und der Bulle verschwand sofort in ihrer Staubwolke. Doch ich wusste, dass er erledigt war.
Wenige Sekunden später taumelte er, weit hinter der sich entfernenden Herde, durch die Asche. Zwei rasche Sicherheitsschüsse, und der stattliche alte Kämpe brach zusammen. Alles, woran ich mich danach erinnere, war eine Hand auf meinem Rücken und die vertraute Stimme meines Vaters: „Du hast gerade deinen ersten Büffel erlegt, Jackson“, sagte er. Und dann das Schulterklopfen und die ungestümen Umarmungen der anderen.
Wir traten an den gefallenen Büffel heran. Ich war überwältigt. Aus traditioneller Trophäenperspektive war er weniger als mittelmäßig und hätte selbst mit zwei intakten Hörnern in keinem Rekordbuch eine Chance gehabt. Und doch war dieser alte Krieger mehr, als ich je erhofft hatte, und genau das, wovon ich geträumt hatte. Auf seinen blanken Hornbasen spiegelte sich der klare Himmel von Mosambik, die verbleibende Hälfte seines abgebrochenen linken Horns hatte sich zu einem runden Stumpf abgenutzt. Das graue, gealterte Gesicht sprach von einem langen, erfüllten Leben in einer Gegend, die heute einer meiner Lieblingsplätze in ganz Afrika ist. Dann bemerkte ich die Narbe von einer alten Schlingenwunde an seinem Knöchel und eine weitere an seiner Kehle. Diese Narben waren ernüchternd und empörend, denn sie waren sichtbare Zeichen des Kampfes gegen die Wilderei in unserer Gegend, aber sie unterstrichen auch die Überlebensgeschichte des Bullen. Mein Vater und Kyne waren von seiner Erhabenheit ebenso beeindruckt wie ich. Kyne fand, ich sei das „größte Glücksschwein der Welt“.
Dad und Kyne rieten mir, in stiller Besinnung noch ein wenig da zu sitzen, bevor wir mit dem Fotografieren und dem langwierigen Prozess des Häutens begannen. Während ich also neben meinem runzligen alten nyati saß und sanft seine Seite streichelte, verfiel ich in ehrfürchtige Betrachtungen. Für viele ist die Jagd auf ältere Tiere lediglich ein Mittel, um die Jagd als vorteilhaft für den Naturschutz zu rechtfertigen. Zwar wird der Naturschutz immer ausschlaggebend für meinen Wunsch sein, ältere Tiere zu jagen, aber da ist auch eine nicht greifbare Belohnung, die sich nicht so leicht in Worte fassen lässt. Ich glaube, dass alles Alte eine Seele hat, die der Mensch spüren kann – wie beispielsweise bei alten Gewehren oder antiken Möbeln. Ja, die Abnutzung und die einzigartigen sichtbaren Merkmale erzählen eine substanziellere Geschichte als jüngere Gegenstände, und vor allem ist es eine subtilere Geschichte, die über den bloßen Anblick hinausgeht. Die Jagd auf einen alten Büffel wie diesen ist für mich nicht anders. Seine Kampfspuren und sein gealtertes Aussehen erzählen Dutzende von Geschichten, aber die unerzählten Geschichten eines langlebigen Geistes bewirken eine bleibende Nüchternheit, die schwer auf dem anspruchsvollen Jäger lastet.
Nach meiner stillen Besinnung widmeten wir uns den anderen Ritualen, die bei einer Jagd dieser Art üblich sind: scheinbar endloses Fotografieren, wiederholtes Erzählen der Jagd-Details und schließlich das Konservieren der Trophäe und das Zerlegen des großartigen Tieres. Kyne hatte den Cruiser bereits von dem Platz geholt, wo er vor Stunden geparkt worden war. Jetzt drehte er den Zündschlüssel um… das leise Klicken war geradezu ohrenbetäubend. Die Batterie war leer, und wegen der Bodenbeschaffenheit war es nicht möglich, das Fahrzeug anzuschieben. Wir saßen mitten im Nirgendwo fest und es würde lange dauern, bis Hilfe aus dem Camp kam – ein perfektes Finale für eine ohnehin schon unvergessliche Saga. Als die Sonne stetig über den westlichen Horizont glitt, wurde ein Feuer angezündet. Wir waren hungrig.
Die Dämmerung wich rasch der Dunkelheit, und ich saß da, hörte auf das Knistern des Feuers unter dem sternenklaren Himmel und betrachtete die Hörner meines Bullen, die im flackernden Licht der Flammen glänzten. Der Duft von frischem Büffelfleisch, das über dem offenen Feuer brutzelte, weckte meine tiefsten Jägerinstinkte. Rund 175 Jahre zuvor war der große schottische Entdecker David Livingstone durch das heutige Mahimba gezogen und hatte sich irgendwann vermutlich an einem ähnlichen Ort unter denselben zeitlosen Sternen wiedergefunden. Ein Tag wie dieser vermittelt ein Gefühl, das man nicht unterdrücken kann. Aber man kann es nur spüren, wenn man es lebt und dann in der Erinnerung wieder und wieder durchlebt. Ich bin diesem alten DaggaBoy ewig dankbar, dass er mich an dieses besondere Fleckchen Erde gelockt und mich zu einem der größten Abenteuer eingeladen hat, die ein Mensch erleben kann.