Löwenjagd im rauen Nordwesten

Es bot sich die Gelegenheit, im Torra-Hegegebiet im Nordwesten Namibias einen Trophäenlöwen zu jagen. Seit einigen Jahren nahm der Löwenbestand in dieser Gegend zu, und damit verschärfte sich der Konflikt zwischen Mensch und Tier. Das Ministerium für Umwelt und Tourismus bot Berufsjägern an, die Problemtiere zu jagen, anstatt zu riskieren, dass kommunale Farmer ganze Rudel vergiften, weil sie ihr Vieh verlieren. Felix Marnewecke

Anmerkung der Redaktion: Zu Ehren des verstorbenen Felix Marnewecke bringen wir eine seiner denkwürdigsten Geschichten aus den Seiten von Huntinamibia.

Es war Oktober, in Namibia der Beginn der heißen, trockenen Jahreszeit, als mein Jagdgast und ich in den Nordwesten fuhren. Die ganze Region war immer noch im Würgegriff einer schweren Dürre. Auf den kargen Ebenen mit rotem Geröll, die sich bis zum Horizont ausdehnen, gab es so gut wie kein Gras mehr, und das Wild war spärlich über diese eindrucksvolle Landschaft verteilt.

Wir verbrachten den ersten Tag damit, nach Löwenspuren zu suchen und einen Springbock und ein Hartmann-Zebra als Köder zu erlegen. Bei unserer Suche stießen wir auf die Spuren von zwei unterschiedlichen Löwengruppen: Die erste bestand aus einem männlichen und sechs weiblichen Tieren, die zweite aus einem männlichen und zwei weiblichen Tieren. Wir fanden auch vereinzelte Leopardenspuren und zahlreiche Hyänenspuren. Letztere fanden sich auf jedem Fahrweg. Raubtiere gab es reichlich. Was mich überraschte, da anderes Wild (ihre Nahrungsquelle) doch so spärlich zur Verfügung stand. Wir legten Köder in zwei verschiedenen Tälern aus und bewahrten den Rest des Fleisches für den nächsten Tag auf, denn wir wollten neue Gegenden erkunden und hofften, Anzeichen weiterer Löwenaktivität zu finden.

Am nächsten Tag waren wir bei Sonnenaufgang in den Bergen. Keiner unserer Köder war berührt worden, also fuhren wir weiter in Gebiete, in denen wir noch nicht gewesen waren. Unten in einem Tal kamen wir zu einer Quelle, umgeben von schroffen Bergen – eine wunderschöne Oase mitten in dieser rauen Welt. Um die Wasserstelle herum waren jede Menge Milchbüsche und Salvadora-Dickichte verstreut. Sie waren perfekt als Versteck für Raubtiere geeignet, und in der Tat stellten wir bei näherer Untersuchung fest, dass ein großer Mähnenlöwe von einem schattigen Gebüsch zum nächsten getappt war, um der Mittagshitze zu entkommen. Er war in südliche Richtung gezogen und wir beschlossen, unsere Erkundungstour ebenfalls in diese Richtung fortzusetzen. Es war bald Mittag und die Hitze nahm stetig zu. Deshalb wollten wir erst einen schattigen Baum für eine kurze Siesta suchen, bevor die Jagd weiterging.

Wynand & Claudia du Plessis

Als wir einen langen, flachen Hügel erklommen hatten, sahen wir auf einem gegenüberliegenden Hügel etwa zwei Kilometer entfernt ein Tier stehen. Zuerst dachten wir beide, es sei ein Zebra, aber als ich es im Fernglas hatte, war mir, als ob sich mein Herz in meine Kehle drückte. Das „Zebra“ war ein großer Mähnenlöwe. Er starrte über das Tal hinweg direkt zu uns herüber. Wir duckten uns sofort auf den Boden und hofften, dass er nicht weglaufen würde. Was er tat, war folgendes: Er ging zu einer Gruppe von Milchbüschen und legte sich in unsere Richtung blickend nieder. Wir blieben bewegungslos auf dem Boden liegen und sahen ihn uns durch unsere Ferngläser näher an. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich seine dunkle Mähne und die leicht bläulich-graue Farbe seines Körpers erkennen. Mangels Deckung hatten wir absolut keine Möglichkeit, näher an ihn heranzukommen.

Während wir flach auf den heißen Steinen lagen, begann ich das umliegende Gelände unter die Lupe zu nehmen. Eine tiefe Schlucht trennte die beiden Hügel, auf denen wir und der Löwe waren. Unten in der Schlucht hob sich ein einzelner Mopanebaum markant von der Umgebung ab. Der Baum war voller Schildraben. Ich machte meinen Gast darauf aufmerksam, und da der Löwe nicht geneigt schien, sich anderswohin zu begeben, kamen wir zu dem Schluss, dass er irgendwo in der Nähe einen Riss haben musste. Ich schlug meinem Gast vor, dass wir erstmal verschwinden und am späten Nachmittag zurückkehren sollten, denn womöglich wäre der Löwe dann wieder an seinem Riss. Und wir hätten hoffentlich Gelegenheit zu einer guten Pirsch.

Am Nachmittag kamen wir gegen vier Uhr auf der windabgewandten Seite der Schlucht zurück und stellten das Fahrzeug etwa einen Kilometer entfernt hinter einem Hügel ab. Dann ging es zu Fuß weiter, mit größter Vorsicht und so geräuschlos wie möglich – keine einfache Sache, wenn man bedenkt, dass wir die ganze Zeit über loses Gestein gingen. Ich behielt den Mopanebaum im Blick und bewegte mich langsam darauf zu.

Der Löwe war nirgends zu sehen. Als wir noch etwa 400 Meter von dem Baum entfernt waren, sprang er jedoch plötzlich unter einem Busch hervor und rannte den Hügel hinauf. Während uns der Löwe den Rücken kehrte, nutzten wir die Gelegenheit, unter einem Milchbusch Deckung zu suchen. Wieder lagen wir bäuchlings auf den heißen Steinen. Der Löwe trottete den Hügel hinauf und legte sich bald wieder unter einen Busch, mit Blick in unsere Richtung. Wir konnten kaum etwas tun, außer weiter auf dem Boden zu liegen und darauf zu warten, dass die große Katze den nächsten Schritt machte. So lagen wir etwa eine Stunde lang da und hielten die Ferngläser auf den Löwen am gegenüberliegenden Hügel gerichtet. Ein Schakal lief mit einem Stück Fleisch im Fang an uns vorbei. Damit bestätigte sich unser Verdacht, dass es unten im Tal einen Riss gab. Weitere zwei Schakale kamen den Hügel hinunter und verschwanden im Gebüsch neben dem Mopanebaum. Das schien dem Löwen zu viel zu sein. Er erhob sich und kam recht schnell den Hügel hinunter. Dann verschwand er ebenfalls im Gebüsch am Fuße des Baumes. Das war die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte. Wir standen sofort auf und begannen, den Hügel hinabzusteigen. Die verstreut stehenden Milchbüsche nutzten wir als Deckung. Mittlerweile ging die Sonne unter und die Zeit wurde knapp. Endlich erreichten wir den Fuß des Hügels und pirschten uns zu einem anderen, kleinen Mopanebaum, damit der Gast sein Gewehr auf einen tief hängenden Ast auflegen konnte.

Wir waren etwa 40 Meter von dem großen Baum entfernt, wo wir den Riss vermuteten. Jetzt war das Adrenalin in Wallung – ich denke, bei beiden von uns. Wir konnten den Löwen nicht sehen. Plötzlich sprang ein Schakal aus dem Gestrüpp und lief davon. Ich suchte das niedrige Gebüsch mit meinem Fernglas ab und entdeckte schließlich den Schwanz des Löwen, der zusammengerollt aus einem Busch herausragte. Als ich den Gast darauf aufmerksam machte, kam der Löwe zum Vorschein. Er ging ein paar Meter den Hügel hinauf und legte sich wieder in unsere Blickrichtung hin. Ich versuchte dem Gast zu erklären, dass er auf den Stich zielen sollte. Von meiner Position aus konnte ich ihn deutlich sehen, doch der Gast sah nur den Kopf des Löwen. Wir standen regungslos. Der Löwe schien uns direkt anzustarren. Ein unheimliches Gefühl, in die großen orangefarbenen Augen zu blicken.

Ich sagte weiter nichts und überließ ihm die Entscheidung, wann er abdrücken wollte. Wir standen etwa fünf Minuten da; es fühlte sich wie eine Stunde an – die Nerven kribbelten. Und dann knallte unerwartet der Schuss. Der Löwe verschwand hinter den Felsen. Ich fragte den Gast, wohin er gezielt hatte. „Auf den Kopf“, sagte er, „Ich denke, es war ein guter Schuss.“ Wir traten vorsichtig hinter unserem Baum hervor und sahen den Löwen sofort – er lag reglos auf der Seite. Ich warf einen Kieselstein auf seinen Bauch. Er rührte sich nicht. Langsam gingen wir zu ihm hin. Ich sah gleich, dass der Schuss gut war – knapp über dem rechten Auge. Eine Welle der Erleichterung überkam uns beide, vermutlich eine Reaktion auf die Anspannung der letzten zwei Stunden. Er war kapital. Auf Gesicht und Körper des Löwen befanden sich etliche Narben von früheren Kämpfen. Seine Verfassung war allerdings nicht so gut. Das knochige Rückgrat hob sich sehr deutlich ab. Mein Gast war überwältigt. Er kniete sich neben die große Katze und streichelte die Mähne. Ich ließ ihn mit seinem Löwen allein und ging zurück zum Fahrzeug. Die Berge um mich herum verwandelten sich von rot in violett. Die Stille der Wüste war vollkommen. Was für ein fantastischer Jagdtag.

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