Die Rolle der Jagd aus der Sicht eines nicht jagenden Naturschützers
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Ein Naturschützer par excellence – Kai-Uwe Denker
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Nach allen groβen Reden – welche Zukunft hat der Naturschutz?

Große Konferenzen werden von den Zwischenzeiträumen definiert, und keine mehr als der jetzige Zeitraum nach drei aufeinanderfolgenden Veranstaltungen: der Kongress der Welt-Naturschutz- Union 2016 (IUCN, Hawaii vom 1. bis 10. September), die 17. Konferenz der Parteien (CoP 17) des Artenschutzabkommens (CITES, Johannesburg vom 24. September bis 5. Oktober) und die 13. Konferenz der Biodiversitätskonvention (vom 4. bis 17. Dezember 2016 in Cancun, Mexiko). Diese Tagungen waren geprägt von polarisierten Debatten über die Zukunft des Naturschutzes, die in gegensätzlichen und kompromislosen Positionen endeten – „nachhaltige Nutzung“ versus „um jeden Preis schützen und verbieten“. Außerdem wird auf diesen Foren immer häufiger im Stil der zeitgenössischen post-truth-Politik jenseits des Faktischen argumentiert. Verlockend einfache (untragbare) Lösungen werden für äußerst komplexe Probleme dargeboten, was nicht richtig ist.

Fotos ©Paul van Schalkwyk

Angus Middleton, Greg Stuart-Hill, Elly Hamunyela and Pauline Lindeque

W arum also spielen internationale dem Vorschlag, einen ständigen Ausschuss zu tun haben, ist der Umgang mit dem Foren überhaupt eine Rolle?

Sie sind die Plattformen, auf denen die Naturschutz-Tagesordnung für die Zwischenzeiträume de niert wird, desgleichen die Botschaft der Medien an die ansonsten „neutrale oder unbeteiligte“ Mehrheit der Weltbevölkerung.

Die eskalierende Nashorn- und Elefanten- Wilderei ist zweifellos besorgniserregend und wurde im Vorfeld der CITES- Konferenz weithin publik gemacht, meistens samt Unterstützung für die protektionistische Agenda. Doch es sind Haupt-Verbreitungsländer wie Südafrika, Simbabwe und Namibia, die bei dieser Attacke die Hauptlast zu tragen haben und dafür bereits große Teile ihrer Naturschutzmittel aufwenden, auf Kosten anderer würdiger Prioritäten im Naturschutz. Mittel, die ohnehin hinten und vorne nicht ausreichen. Dennoch werden Bestrebungen, den Handel mit Elfenbein zu legalisieren, um Gelder für die Bemühungen im Naturschutz aufzubringen, weiterhin zurückgewiesen – mit dem Argument, dass legaler Handel dem illegalen Handel in die Hände spiele.

Der Bericht über die illegale Tötung von Elefanten (MIKE), der auf der CITES Cop 17 eingereicht wurde, stellt fest, dass es zwischen 2006 und 2011 eine “erhebliche Zunahme“ der illegalen Tötungen von Elefanten gegeben hat. Bemerkenswert ist eine der Schlussfolgerungen: „Das MIKE Programm hat keinen Beweis dafür gefunden, dass die Elefanten- Wilderei als direkte Folge von CITES- Beschlüssen über den Handel mit Elefanten-Elfenbein zugenommen oder abgenommen hat. Stattdessen hat MIKE markante Zusammenhänge dokumentiert: zwischen dem Ausmaß von Wilderei und der Lebensqualität der Bevölkerung vor Ort, der Qualität der Regierungskontrolle auf ländlicher Ebene und der weltweiten Nachfrage nach Elfenbein“.

Damit kommen wir zum ema Lebensunterhalt und der Frage, wann und wie die Stimmen derer gehört werden, die von CITES-Beschlüssen am meisten betro en werden und ihrerseits Auswirkung auf Wildtiere haben. Namibia (zusammen mit Tansania und Simbabwe) unterstützte ein von Sambia eingereichtes Dokument mit der ländlichen Gemeinschaften bei der Konferenz der Parteien (CoP) einzurichten. Kern des Antrags war das Argument, dass einheimische Völker und ländliche Gemeinschaften von den beschlussfassenden Mechanismen von CITES vernachlässigt werden, obgleich sich die Beschlüsse, die Handel gestatten oder verbieten, häu g direkt auf den Lebensunterhalt von zahlreichen Armen im ländlichen Raum auswirken, die auf solchen Handel angewiesen sind. Das allein kann unbeabsichtigte Folgen haben, so auch eine Zunahme der Wilderei. Obgleich es Unterstützung für das Prinzip gab, wurde abschließend entschieden, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die zwischen den Sitzungen erwägen soll, wie ländliche Gemeinschaften wirkungsvoll in die CITES-Prozesse eingebunden werden können. Damit bleibt das ema auf dem Tisch, de nitiv ein Schritt in die richtige Richtung.

Dadurch, dass frühere Verbündete in der Nachbarschaft abhandengekommen sind – insbesondere Botswana, das 2013 jegliche Trophäenjagd verboten hat und sich auf der CITES CoP 17 eindeutig zu den Gegnern der Wildtiernutzung gesellte – wird die Aufgabe nicht einfacher. Andererseits werden die beiden Positionen durch Botswanas Standpunkt möglicherweise noch endgültig auf die Probe gestellt. Als die Trophäenjagd in Botswana verboten wurde, sagte manch einer voraus, dass die Wilderei zunehmen werde, sobald Jagdkonzessionsinhaber ihre Gebiete räumen und es vor Ort keine permanente Präsenz mehr gibt. Nach dem, was die Medien berichten, sieht es drei Jahre später so aus, als ob die illegale Tötung von Elefanten in Botswana zunimmt, und Naturschützer melden einen erschreckenden Anstieg der Wilderei für den Kochtopf. Natürlich sind Ursache und Wirkung noch nicht erwiesen, aber doch liegt der Schluss nahe, dass viele ländliche Gemeinschaften angesichts der verbotenen Trophäenjagd keine Möglichkeit mehr haben, auf legale Weise an Fleisch zu kommen oder Wildhüter einzustellen. Wir wissen, dass eine hungrige Gemeinschaft, der bestimmte Rechte entzogen worden sind, eher geneigt ist, sich auf illegale Aktivitäten einzulassen.

Die Herausforderung, mit der es die CITES-Parteien in zunehmendem Maße unterschiedlichen Rang im Naturschutz, den Bestände bestimmter Arten in ihrem Verbreitungsgebiet haben. Es war beruhigend, dass Vorschläge, die Löwen- und Elefantenbestände anderer Parteien auf den Anhang I zu setzen, mit dem Hinweis abgelehnt wurden, dass die fraglichen Bestände nicht die biologischen Voraussetzungen für Anhang I erfüllen. Letztendlich „ist es nicht möglich, eine ganze Art zu managen – Management wird bei individuellen Beständen angewendet, weil der Druck auf die verschiedenen Bestände äußerst variabel ist“ (Ron Thompson).

Es kann absolut nicht bezweifelt werden, dass eine weltweite Wildtier-Krise besteht. Fast jede große Säugetierart nimmt zahlenmäßig ab, viele sind am Rande des Aussterbens. Somit verwundert es nicht, dass viele Menschen Taten sehen wollen. Jetzt endlich mobilisieren sich Einzelpersonen, bürgerliche Organisationen und Regierungen überall auf der Welt, um diese jähe Abnahme und das katastrophale Aussterben aufzuhalten. Ein guter Teil dieser neuen Energie wird von starken Gefühlen angetrieben, was überaus positiv ist, da sie zur Handlung anspornen. Doch unkontrollierte Gefühle können leicht dazu führen, dass blind nach simplen Lösungen gegri en wird, die ein rasches Ergebnis versprechen, während Wissenschaft und Logik ignoriert werden.

Im Nahen Osten beispielsweise schrumpfen die Bestände weiter – trotz Jahrzehnten von immer neuen Listen, absoluten Handelsverboten, enormen Investitionen in Schutzgebiete. Besteht die Lösung darin, einfach ständig noch mehr Mittel in diese einfachen, gefühlsbedingten und so erfolglosen Maßnahmen zu stecken?

„Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
– Albert Einstein

D706781

Es muss doch einen anderen Weg geben!

Zusammen mit anderen Ländern der Region hat Namibia örtliche Lösungen für die Probleme unserer Wildtiere gefunden. Und das, obwohl es die Bedürfnisse einer rasch anwachsenden Bevölkerung und die dringlichen und mit dem Naturschutz im Widerspruch stehenden Erfordernisse der sozialökonomischen Entwicklung zu berücksichtigen gilt. Bei den Lösungen handelt es sich um neue Bestimmungen, von denen die wesentlichste die Übertragung von gemeinschaftlichen oder privaten Eigentumsrechten an Wildbeständen ist, so dass Menschen
die Möglichkeit haben, Wildtiere auf verschiedene Art und Weise zu nutzen.

In Namibia stehen 40% der Gesamt äche unter Naturschutz; der Wildbestand ist von einem Tiefstand von etwa einer Million Tiere um mehr als 300% angewachsen; die Zahl von Löwen und ihr Verbreitungsgebiet nimmt zu; die Elefanten haben sich seit den 90er Jahren von 7.000 auf über 20.000 Tiere vermehrt; in den Gemeinschaftsgebieten leben schwarze Nashörner in freier Wildbahn; in den 83 gemeinschaftlichen Hegegebieten sind mehr als 190.000 Mitglieder der ländlichen Bevölkerung direkt am Naturschutz beteiligt. Wir, hier in der Region, sehen diese Erfolge als eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir es versäumt haben, ausreichend zu beziffern, zu dokumentieren und zu veröffentlichen, was für eine unglaubliche Erholung der Wildbestände wir bewirkt haben, was für riesige Lebensräume wir in den vergangenen 30 bis 40 Jahren für Wildtiere verfügbar gemacht haben und was für enorme Naturschutzerfolge wir erzielt haben – trotz des Drucks, der auf dem übrigen Kontinent verbreitet ist.

Vermutlich ist das einer der Hauptgründe, warum unsere Stimme bei Veranstaltungen wie CITES-Konferenzen, der IUCN-Tagung über Nationalparks und vielen anderen Gelegenheiten konsequent ignoriert wird, oder dass wir von Instanzen ausgebuht werden, die an der globalen Wildtier-Krise gut verdienen. Trotz der tapferen Versuche seitens der IUCN und des CITES-Sekretariats, noch ein Quäntchen wissenschaftlicher Integrität zu bewahren, werden diese Versammlungen immer mehr von emotionsgeladener Pöbelherrschaft und den eigennützigen Interessen von Organisationen dominiert.

Das mag für jene Instanzen gut sein, die auf diesem internationalen Niveau politische Gefechte gewinnen, aber dem Wild, um das es geht, ist damit nicht geholfen, und auch nicht den engagierten Naturschützern vor Ort, die sich bemühen, Kompromisse zum Besten der wachsenden Bevölkerung und des Wildes zu finden.

Wir müssen nicht der Masse folgen, und sollten es auch nicht, selbst wenn wir uns dadurch etwas unbeliebt machen. Wir brauchen Rückgrat, einen klaren Kopf und staatsmännische Fähigkeit. Und genau das hat CITES CoP 17 von Namibia bekommen.

Angesichts des Tsunamis von gefühlsgeladenen, allzu einfachen Hauruckvorstellungen, die auf den Tisch kamen – und nicht zu vergessen die Politisierung durch die Gruppen mit Eigeninteressen – war es eine erstaunliche Leistung, auf der CITES-Konferenz den Status quo zu erhalten. Aber wir können uns nicht auf diesem Erfolg ausruhen, denn es wird weitere CoP-Tagungen geben. Und außerdem reicht der Status quo nicht aus, um den künftigen Herausforderungen der Tierwelt auf unserem Kontinent zu begegnen.

Was in den kommenden drei Jahren zur Vorbereitung der CoP 18 in Sri Lanka (2019) gebraucht wird, ist verstärktes Eintreten für die Grundsätze der nachhaltigen Nutzung, untermauert von faktischen Daten und Beispielen. In der Zwischenphase werden sich die Verbots-Standpunkte verhärten, aber zugleich gibt es eine Gegenbewegung außerhalb der üblichen Kreise, die diese Standpunkte in Frage stellt. Eine wachsende Anzahl ernst zu nehmender Naturschützer und an der Natur interessierter Menschen fühlt sich zunehmend unbehaglich mit dem Bett, dass sie sich mit nanzstarken protektionistischen Organisationen gemacht haben, die mit simplen emotionsgeladenen Vorhaben umfangreiche Geldmittel aufbringen. Zunehmend wird erkannt, dass unsere Standpunkte zwar ihre Mängel haben mögen, dass die Alternativen jedoch meist schlimmer sind. In Namibia gehört Foto-Tourismus längst zur Angebotspalette, doch selbst der Öko-Tourismus, dieses vielgepriesene Wundermittel gegen alles, hat seine Begrenzungen und seine Auswirkungen werden uns immer mehr bewusst.

Also müssen wir mit Fleiß auf unseren Erfolgen aufbauen und unseren Nachbarn dabei behilflich sein, dasselbe zu tun. Insbesondere müssen wir hier in Namibia gemeinsame Anstrengungen auf allen Ebenen unternehmen, um unsere Erfolgsgeschichte im Naturschutz wissenschaftlich zu dokumentieren und weiterzuverfolgen. Wir müssen gemeinsam ein landesweites Kontroll- und Auswertungssystem einrichten, mit dem wir den Überblick über die Wildbestände im ganzen Land behalten und über die Gebiete, die die für das Wild verfügbar gemacht werden, sowie über die Erweiterung des Verbreitungsgebietes von Arten, die wiederangesiedelt werden. Diese Daten sind für die nächste CITES- Konferenz von allergrößter Wichtigkeit.

Wir alle müssen unsere eigenen Praktiken durchdenken und entschlossen vor der eigenen Haustüre kehren, indem wir sämtliche schlechten Praktiken beseitigen, die es noch gibt. Wir müssen unsere Erfolgsgeschichte mit mehr Strategie und Klugheit verbreiten und dafür sorgen, dass sie von den richtigen Leuten wiedergegeben wird.

Den Jägern kommt hierbei eine große Rolle zu: sie müssen sich gemeinsam um die besten Vorgehensweisen im Jagdgewerbe bemühen, Konformitätsdruck ausüben, Marketingmaterial neu ordnen, Vorgehensweisen modi zieren und aufmerksamer auf unsere Geschichte hören, damit die Trophäenjagd weniger abstoßend auf die allgemeine Öffentlichkeit wirkt und die Jagd als solche als die großartige Beschäftigung gewürdigt wird, die sie ist.

Auf diese Weise können Jäger die größten Fürsprecher für den Naturschutz werden, und die Jagd kann ein kraftvolles Werkzeug im Werkzeugkasten des Naturschutzes bleiben.

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2017 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.