Namibias raue Schönheit

von Elzanne McCulloch

Manchmal, wenn du eine Rede hörst, dringen die Worte tief in dich ein und verändern die eigene Sicht auf das Vertraute. So erging es mir, als Kai-Uwe Denker auf der letzten Jahreshauptversammlung der NAPHA über die Jagd in Namibia sprach. Seine Worte waren keine polierten Marketingfloskeln oder Argumente zur Verteidigung der Bedeutung der Jagd. Stattdessen sprach er über Wildnis, Authentizität und darüber, was es wirklich bedeutet, Namibia für die Welt zu porträtieren.

Ich verließ den Saal mit der neu gewonnenen Überzeugung, dass Namibia es in all seiner rauen Schönheit verdient, mit mehr Stolz gefeiert zu werden, als wir ihm bisweilen entgegenbringen.

MEHR ALS GUTE STRASSEN

Wenn Namibia als Jagdreiseziel beworben wird, steht oft der Komfort im Vordergrund: unkomplizierte Anreise, politische Stabilität, gute Straßen und zuverlässige Gesundheitsversorgung. Das alles ist richtig und wichtig.

Doch es ist nicht das, was die Fantasie des Jägers beflügelt, der sich nach Abenteuer sehnt. Sicherheit riecht nicht nach Staub. Asphaltstraßen vermitteln nicht das Gefühl von Wildnis.

Was Namibia auszeichnet ist die Tatsache, dass unter dieser Schicht moderner Infrastruktur ein Land von überwältigender Wildheit liegt. Tiefer Sand, der dich auf die Probe stellt. Schichtstufen, die in endlose Horizonte abfallen. Flüsse, die mehr Sand als Wasser sind und doch die Aussicht auf Elefantenspuren und Gemsbokherden in sich bergen. Dieser Kontrast zwischen leichter Zugänglichkeit und ursprünglichem Abenteuer ist unsere wahre Stärke.

Während ich Kai-Uwe zuhörte, wurde mir wieder einmal bewusst, wie selten diese Kombination ist. Namibia ist einfach zu erreichen und zu bereisen, doch die Wildnis liegt gleich hinter der Abzweigung und wartet darauf, dich zu überraschen.

TIERE DER SAVANNE

Jedes afrikanische Land hat sein charakteristisches Wild. Was Namibia betrifft, gibt es gar keine Frage: Gemsbok, Kudu und Hartmann-Zebra stehen ganz oben.

Der Gemsbok, wild und elegant, ziert nicht umsonst unser Wappen. Perfekt angepasst an Hitze, Staub und Durst ist er das Symbol der Wüste.

Diese Tiere gehören zu diesem rauen Land, genau wie wir. Die sengende Sonne, die Dornensträucher und das blasse Wüstengras prägen sie. Sie hier zu jagen bedeutet, sich auf die authentischste Weise mit der Seele Namibias zu verbinden.

NAMIBIAS POSITION IN AFRIKA

Über den afrikanischen Kontinent erstreckt sich ein außergewöhnliches Spektrum an Landschaften: von den dichten Regenwäldern des Kongobeckens und den weiten Savannen im Osten bis zu den Wüsten, die Afrikas trockenes Herz definieren. Jede Region hat ihren eigenen Charakter, doch immer wieder sprechen erfahrene Jäger voller Ehrfurcht von den Wüstenrändern und Trockengebieten. Es sind Gegenden, wo Schönheit auf ihre wesentlichste Form reduziert ist. Wo raues Klima, Wasserknappheit und unwegsames Gelände die Tierwelt prägen – ebenso wie die Menschen, die mit ihr leben.

Namibia ist Teil dieser Geschichte. Seine Wildnis zählt zu den eindrucksvollsten Trockenlandschaften Afrikas. Die nur periodisch wasserführenden Flüsse im Nordwesten, die sich ihren Weg durch Fels und Sand bahnen, das Khomas Hochland und der letzte Grenzraum von Khaudum sind ebenso dramatisch wie die bekannteren Jagdgebiete der Sahelzone oder am Horn von Afrika. Namibias Tierwelt widerspiegelt diese Rauheit: Hartmann-Zebras, die über felsige Schichtstufen steigen, Gemsböcke, die trotzig in der offenen Ebene stehen, oder ein Kudubulle, der in der Dämmerung aus dem Dornbusch tritt. Diese Bilder sind nicht nur ikonisch – sie sind einzigartig namibisch und verkörpern die schroffe Erhabenheit eines Landes, das einige der authentischsten Jagderlebnisse des Kontinents bietet.

Kai-Uwe hat mir vor Augen geführt, dass wir diese Geschichte selbstbewusst erzählen müssen. Wir müssen niemanden imitieren. Namibia ist mehr als genug.

DIE NÄCHSTE GENERATION

Der namibische Berufsjägerverband (NAPHA) besteht seit mehr als einem halben Jahrhundert. Dieser Meilenstein regt natürlich zu allerlei Betrachtungen an, aber er birgt auch eine Herausforderung. Wie werden die nächsten 50 Jahre aussehen?

Laut Kai-Uwe ist die eigene Wertschätzung die Antwort – ein Standpunkt, den viele von uns teilen. Stolz sein auf unsere Wildnis, unsere Tiere, unsere Traditionen. Stolz darauf, Namibia ehrlich und mutig darzustellen, nicht nur als sicheres Reiseziel, sondern als Abenteuer, das selbst den erfahrensten Jägern gerecht wird.

Internationale Jäger suchen neue Ziele. Sie sehnen sich nach Authentizität und Abenteuer.

EIN AUFRUF ZUR EIGENEN WERTSCHÄTZUNG

Wenn ich an Kai-Uwes Rede zurückdenke, drängt sich ein Satz nach vorn: „Namibia verdient es, mit Ehrfurcht an den Lagerfeuern in Afrika genannt zu werden.“

Namibia heißt wilde Flussläufe, die den größten Teil des Jahres ausgetrocknet sind, aber in ihrem sandigen Bett dennoch die Spuren von Elefantenherden aufweisen und auf die Anwesenheit von Wild hoffen lassen. Namibia heißt ausgedehnte Ebenen, wo der Horizont endlos zu sein scheint und wo ein Jäger Geduld und Ausdauer lernen muss, denn die Entfernungen sind gewaltig und die Beute ist scheu.

Namibia ist der Gemsbok, der sich majestätisch vor der Wüstenkulisse abhebt und dessen Stangen wie Speere in den Himmel ragen. Er verkörpert Stärke und Widerstandsfähigkeit, er ist das Tier, das zum Symbol für unsere Wildnis und unsere Identität geworden ist.

Namibia ist der Kudubulle, der in der Dämmerung aus dem Schatten tritt – geisterhaft und majestätisch. Er ist ein Jagdpreis, dessen Wert sich nicht allein an den Windungen seiner Hörner bemisst, sondern auch an den langen Stunden, die der Jäger auf der Lauer lag, wartete und in den Busch horchte.

Namibia ist Staub und Hitze, die in schimmernden Wellen über der Dornsavanne aufsteigt. Wo jeder Schritt daran erinnert, dass dies kein entgegenkommendes Land ist. Es ist das Schrammen hakenförmiger Dornen, der Duft von wildem Salbei, der unter den Füßen zerdrückt wird, das plötzliche Bellen eines Pavians an einer Felswand.

Namibia heißt uralte Baobabs, die wie Wächter und stumme Zeugen an felsigen Flussbetten stehen, wo im Laufe der Jahrhunderte Jäger, Reisende und Wildtiere vorbeigezogen sind. Namibia ist die Milchstraße, die sich so hell und ununterbrochen am Nachthimmel ausdehnt, dass man sich abends am Lagerfeuer fühlt, als säße man mitten im Universum.

Namibia ist nicht Komfort im Gewand der Wildnis. Namibia ist echt, rau, wunderschön und unvergesslich. Für den Jäger, der Authentizität sucht und Erlebnisse über seine Bequemlichkeit stellt, ist Namibia ein Abenteuer, das noch nachklingt, wenn das Gewehr längst weggepackt ist.

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2026 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.

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