Wenn wir an unsere Kindheit in Namibia zurückdenken, erinnern wir uns gerne an die majestätischen Kudubullen, die anmutig über die Straßen sprangen oder stolz die nahegelegenen Hügel überblickten. Doch im Laufe der Jahre sind diese Ehrfurcht einflößenden Sichtungen immer seltener geworden. Die aus den Hörnern dieser prächtigen Tiere gefertigten Möbelstücke in alten Farmhäusern sind eine ständige Erinnerung an ihre Größe und an das allgemeine Gefühl, dass man heutzutage nicht mehr solche kapitalen Kudus sieht.
Kommentare dieser Art sind nicht ungewöhnlich, insbesondere wenn man durch die alten Jagdbücher von Farmen blättert. „Alle guten Gene wurden zur Strecke gebracht, um irgendwo an einer Wand zu hängen“, klagen Nicht-Trophäenjäger. Es liegt auf der Hand, dass der Naturschutz von entscheidender Bedeutung ist, um Namibias Tierwelt nachhaltig zu nutzen und ihre Schönheit für künftige Generationen zu erhalten. Der Namibische Berufsjägerverband (NAPHA) ist sich über diesen Zusammenhang im Klaren und machte 2019 den bedeutungsvollen Schritt, die altersbezogene Trophäenvermessung (ART) – das von der Erongo Verzeichnis Arbeitsgruppe erarbeitet wurde – als sein offizielles Messsystem einzuführen.
Das ART-System resultiert aus der Sorge, dass kapitale Trophäen entnommen werden, bevor diese Tiere ihre Gene zur Erhaltung künftiger Generationen weitergeben können. Naturschutz bedeutet in diesem Zusammenhang die selektive Entnahme von Tieren, die ihren Zenit überschritten haben und somit ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Gene an die Generationen weiterzugeben, die unsere Kinder und Enkelkinder sehen werden. Das ART-System konzentriert sich auf die drei entscheidenden Phasen im Leben eines Tieres: Jung, Reif und Alt (immature, prime und past-prime). Damit wird nicht die Absicht verfolgt, Jäger zu bestrafen, die kapitale Trophäen erlegen; vielmehr sollen diejenigen belohnt werden, die ältere Tiere erlegen, obwohl die Trophäe aufgrund von Abnutzung weniger groß ist.
Anfänglich gab es in der Jägerschaft Widerstand gegen das vermeintlich neue System. Der Jagdverband versuchte jedoch nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern baute auf dem bestehenden namibischen Messsystem zur Qualitätskontrolle (NQS) auf und verbesserte es. Namibias weite und vielgestaltige Landschaften erforderten einen flexiblen Ansatz, da die Tiere in den verschiedenen Vegetationszonen unterschiedlich altern. Deshalb ließ ART die Altersklassifizierung anhand von Lebensjahren fallen und konzentrierte sich auf die drei entscheidenden Phasen im Leben eines Tieres.
Nach fast fünfzig Jahren Engagement für den Naturschutz beschloss NAPHA, das ART-System strikt durchzusetzen und bekräftigte damit seine Verpflichtung zum Erhalt der namibischen Tierwelt. Die Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen. Der Vorstand war sich der möglichen Ablehnung und der potenziellen Auswirkungen auf den Verkauf von NAPHA-Medaillen bewusst – letzterer eine wichtige Einnahmequelle für den Jägerverein und seinen Unterausschuss Hunters Support Education (HSE).
HSE ist ein wesentlicher Bestandteil von NAPHA. Der Ausschuss konzentriert sich darauf, bei Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein für die wichtige Rolle zu wecken, die die Natur in unserem Leben spielt. Mit Kindern, die noch nicht die Gelegenheit hatten, den Busch und die namibische Tierwelt kennenzulernen, unternimmt HSE Ausflüge ins Veld. Damit will HSE die nächste Generation von Wildhütern und Naturschützern fördern und den jungen Menschen gleichzeitig einen tiefen Respekt vor der Natur vermitteln.
NAPHA, 1974 gegründet, setzt sich nicht nur für eine ethische und nachhaltige Jagd ein, sondern dient auch als Sprachrohr für namibische Jagdfachleute über die Grenzen unseres geliebten Landes hinaus. Die finanziellen Mittel, die durch den Verkauf von Medaillen und andere Aktionen eingenommen werden, tragen dazu bei, das internationale Bewusstsein für die Bedeutung des Naturschutzes auf der Grundlage von nachhaltiger Jagd zu schärfen. In einer Welt, in der die Jägerschaft globaler Kritik ausgesetzt ist, schafft der Namibische Berufsjägerverband mit seinem Engagement für die Anpassung und Verbesserung des Trophäenmesssystems einen Präzedenzfall, der unterstreicht, dass der Naturschutz von größter Bedeutung ist und dass das Erlebnis einer befriedigenden, nachhaltigen Jagd mehr zählt als eine bloße Trophäe an der Wand.
In einer Zeit, in der die Natur ein gefährdetes Gut ist, erkennen ethische Jäger die Notwendigkeit an, den Schöpfer in der Kreatur zu ehren. Sie wissen, dass es von entscheidender Bedeutung ist zu wissen, wann man ein Tier erlegen kann und wann man es ziehen lässt, um das empfindliche Gleichgewicht von Wildtieren und Natur für die kommenden Generationen zu bewahren.