Perspektiven der afrikanischen Jagd

Beobachtungen eines Amerikaners

Jedes Loblied, das auf Afrika gesungen wird, ist wohlverdient. Eine frei wiedergegebene Äußerung des britischen Naturwissenschaftlers William Burchell fasst es vielleicht am treffendsten zusammen: „Um die unbeschreiblichen Empfindungen begreifen zu können, muss man Afrikas Luft selbst geatmet haben.“ Worte sind ein dürftiger Versuch, Bilder von Büffeln, die aus dem Schilf brechen, oder von unübertrefflich leuchtenden Sonnenuntergängen, vor dem geistigen Auge derer zu erwecken, denen es noch nicht vergönnt war, den Kontinent zu betreten. Das ist die entscheidende Realität, die einen Wortschöpfer aus Amerika herausfordert, die Jagd dort mit der Jagd hier zu vergleichen. Everett Headley

Afrikas verlockendstes Angebot für den Jagdsportler ist zweifellos die große Auswahl an Wild. Die ungeheure Vielfalt bringt spezielle Herausforderungen für jede Art und jede Region mit sich. Allein die Zahl von afrikanischen Antilopenarten ist mehr als doppelt so hoch wie die von sämtlichen Großwildarten in Nordamerika. Der Versuch, sich im Voraus durch ein Buch mit den einzelnen Antilopenarten vertraut zu machen, bringt nicht annähernd so viel wie sie selbst zu sehen. So mag ein Riedbock wie ein kleinerer Wasserbock erscheinen, aber wenn man ihn in natura sieht, unterscheiden sich seine kleinere Gestalt und sein schlankerer Körper deutlich von seinem größeren, zotteligen Cousin. Unterarten sorgen für noch mehr Vielfalt und noch mehr Abenteuer. Da ist noch der Große Riedbock… und was ist mit dem Bergriedbock? Und wenn ja, war es ein Westlicher, ein Südlicher oder ein Chanler Bergriedbock? Der Reichtum der afrikanischen Tierwelt ist einer der größten Schätze der Welt.

Es ist das wehrhafte Wild, das zuerst die Aufmerksamkeit eines Amerikaners auf sich zieht. Alle Tiere können auf ihre Art und Weise lebensgefährlich werden, vor allem wenn sie gezwungen sind, um ihr Leben zu kämpfen. Das größte Verlangen der Jäger wecken aber genau diese Tiere, die sich jedem, der ihnen zu nahe zu kommen wagt, mit Kaltschnäuzigkeit und Übellaunigkeit entgegenstellen. Es ist Jägern angeboren, sich selbst auf die Probe zu stellen, und nur eine Handvoll Arten ist für solch eine Herausforderung geeignet. Der Braunbär, der nur in den nördlichen Breitengraden vorkommt, ist die einzige wirkliche Antwort auf die Big Five in Afrika. Aber selbst der Bär wirkt sanftmütig im Vergleich zu einem Kaffernbüffel, den man versehentlich aus seiner Nachmittagsruhe im hohen Gras aufgeschreckt hat. Die Schriftsteller vergangener Zeiten haben solche Begegnungen verherrlicht. Sie inspirieren die Jäger von heute, zu erproben, ob sie das Zeug haben, sich in das Schilf zu begeben, um eine Kreatur zu erlegen, die selbst ebenso effektiv den Tod bringen kann.

Auch das Wildtiermanagement ist sehr anders. Das nordamerikanische Modell der Wildtiererhaltung ruht auf den Jagdsportlern, denn sie finanzieren es über eine Verbrauchssteuer. Aber alle Wildtiere werden treuhänderisch für die Bevölkerung gehalten, unabhängig von ihrem Standort. Die Privatisierung von Wildtieren in Afrika ähnelt eher der US-amerikanischen Variante des Viehbesitzes. Dadurch wird den einheimischen Wildtieren ein Wert zugeordnet, der sie schützt, und die Verantwortung für die Bewirtschaftung wird denjenigen übertragen, die mit ihnen leben*. Außerdem gibt es den Wildmanagern eine größere Flexibilität, um Anpassungen vorzunehmen, wenn der Lebensraum und die Bedingungen es erfordern. Beide Modelle haben sich als erfolgreich erwiesen. So gibt es von den einst vom Aussterben bedrohten Weißwedelhirschen heute dreißig Millionen. Und seit der Privatbesitz von Breitmaulnashörnern genehmigt wurde, ist ihr Bestand in nur wenigen Jahren auf über 20.000 Tiere angestiegen.

Unabhängig vom Land sind alle Jagdanbieter, Berufsjäger, Fährtenleser und Camp- Mitarbeiter sehr stolz auf ihre Rolle bei einer Safari. Es besteht ein Bewusstsein der traditionsreichen Geschichte der Jäger, die in den Busch gezogen sind, um selbst seinen Reichtum zu entdecken. Das wurde besonders deutlich, als ich meinen Fährtenleser und meinen Berufsjäger zu einem Abschlussfoto mit mir einlud. Sie waren bereitwillig dabei, denn die schöne alte Kuhantilop steht für ihre harte Arbeit ebenso wie für meine Schießkünste. Als ich für das Foto posierte, bemerkte ich, dass sie die Hände bewegten. Sie bildeten den Umriss Namibias, indem sie den Zeigefinger einknickten und den Daumen ausstreckten. Schnell machte ich es ihnen nach. Jedes Tier wurde mit großer Sorgfalt behandelt, als könnte es das letzte seiner Art sein. Ich wurde immer mit einem Lächeln begrüßt, und jedes Dankeschön wurde umgehend mit einem aufrichtigen „Gern geschehen“ beantwortet. Es war eine Gastfreundschaft, mit der sich nur die Menschen in den Staaten des tiefen Südens messen könnten.

Am liebenswertesten waren das Zeremoniell und die Traditionen des Safari-Lebens, die schon vor langer Zeit in seinen Mythos eingeflochten worden sind. Neuankömmlingen im Camp wurde das Personal vorgestellt. Dann gab es heiße Tücher und erfrischende kühle Getränke. Nach einer efolgreichen Pirsch musste man je nach Gastgeber einen Schuss Jägermeister oder Amarula zu sich nehmen. Erfolgreiche Morgengaben dieser Art wurden von mir freundlicherweise bis zum Mittagessen aufgeschoben. Und wenn eine bestimmte Jagd es wirklich rechtfertigte und die Stimmung im Camp besonders ausgelassen war, wurde sie mit lautem Tanzen und Singen gefeiert – wie bei unserer Rückkehr mit einem Kaffernbüffel. Das sind die Elemente, die einem das Gefühl geben, dass man dazugehört, dass man hierher gehört. Die Jagd kann anstrengend und mühsam sein, aber Bräuche wie diese würdigen Ausdauer und Einsatz.

Bei der Jagd wird oft vorhergesagt, aber sie ist nie vorherbestimmt. Ich nahm, was der Busch mir bot und hatte nie das Gefühl, dass es mir an etwas fehlte. Selbst als mir an meinen letzten beiden Tagen ein Impala entkam und irgendwo in der Ebene seinem Leben überlassen blieb, fühlte ich mich nicht betrogen. Die Bilder, die ich mir vor meiner ersten Reise nach Afrika erträumt hatte, wurden von der Realität weggeschwemmt. Dafür entstand ein Bild, das mehr einem Meisterwerk glich als alles andere zuvor.

*DIE WESENTLICHE ROLLE DER NATURSCHUTZJAGD IN NAMIBIA

In Namibia spielt die Jagd eine wichtige Rolle bei der gemeinschaftsbasierten Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen (CBNRM). Dabei werden die örtlichen Gemeinschaften in die Lage versetzt, ihr Wild selbst zu bewirtschaften und davon zu profitieren. Die Naturschutzjagd erzielt fast 25 Prozent der Einnahmen der Hegegebiete. Sie finanziert die unerlässlichen kommunalen Wildhüter, und sie liefert den Familien der Gemeinschaften das notwendige Protein. Dieser nachhaltige Ansatz stellt sicher, dass die Wildtiere vollständig genutzt werden. Und er wirkt der Wilderei entgegen, weil er für die Einheimischen finanzielle Anreize schafft, ihr Naturerbe zu schützen.

Die Wiederherstellung der Jagdrechte nach der Unabhängigkeit gestattet den Hegegebieten, Wildtiere im Rahmen geregelter Quoten zu jagen. Dadurch werden stabile Tierpopulationen gewährleistet. Für viele Hegegebiete, denen es an touristischem Potenzial mangelt, sind die Einnahmen aus der Trophäenjagd entscheidend für die wirtschaftliche Lebensfähigkeit. Zugleich werden die Bemühungen zur Bekämpfung der Wilderei unterstützt und Naturschutzinitiativen aufrechterhalten. Letztendlich fördert die Trophäenjagd nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern sie stärkt auch die Verbindung zwischen dem Wohlergehen der Gemeinschaft und der Erhaltung der Tierwelt. Das alles sind wesentliche Bestandteile der erfolgreichen Naturschutzstrategien Namibias.

Everett Headley ist ein Outdoor-Autor mit Sitz im US-Bundesstaat Montana.
Mehr über seine Arbeit finden Sie unter www.everettheadley.com

Dieser Artikel wurde erstmals in der 2025 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.

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