…aber faszinierend schön
Text von Garth Owen-Smith | Haupt Foto Paul van Schalkwyk
Text von Garth Owen-Smith | Haupt Foto Paul van Schalkwyk
In seinem Buch „An Arid Eden, a personal account of Conservation in the Kaokoveld“ (Ein trockenes Eden, eine persönliche Naturschutz-Geschichte im Kaokoveld) erzählt Garth Owen-Smith von der Anfangszeit, in der das Fundament für die wegweisende Methode gelegt wurde, ländliche Gemeinschaften am Naturschutz zu beteiligen. Die folgenden Zeilen sind die Einleitung zu seinem Buch.
I m Nordwesten von Namibia gibt es eine Region mit Bergketten aus rotem Basalt. Es ist eine einzige Felsenlandschaft: steile Felswände, endlose Geröllhänge und Täler voller Felsbrocken. Nach Westen, zum kalten Atlantik hin, werden die Berge flacher. Zwischen ihnen liegen breite Schotterflächen, in denen der Schutt von urzeitlichen Lavaflüssen zurückgeblieben ist.
Regen ist selten in diesem Teil des Landes. Meistens liegt der harte Boden kahl da und ist der brennenden Sonne und sengenden Wüstenwinden preisgegeben. Es ist eine karge, abweisende Landschaft. Doch im Licht des frühen Morgens und am späten Nachmittag kann sie auch atemberaubend schön sein: wenn der Basalt rostrot leuchtet und die fernen Berge sanfte Farbtöne in allen Schattierungen von violett und blau annehmen.
Trotz ihrer unwirtlichen Trockenheit ist die Basalt-Region der Lebensraum einer erstaunlichen Vielfalt an zählebigen dürrebeständigen Pflanzen. Die steinigen Terrassen und die weniger steilen Hänge sind übersät mit Stammsukkulenten, kümmerlichen Bäumen und Zwergsträuchern, die in mageren Jahren in ausgedörrte Büschel von spröden, scheinbar leblosen Zweigen zusammenschrumpfen. Viele dieser Arten sind endemisch, das heißt, sie kommen nur in der Namib vor, in Namibia und in Süd-Angola. Allen voran eines der botanischen Wunder unserer Erde: die Welwitschia mirabilis, eine zapfentragende Pflanze aus prähistorischer Zeit. Sie besteht aus zwei enormen Blättern, die wie Fangarme aus einem knorrigen verholzten Stumpf wachsen.
Nach Osten, wo ein wenig mehr Regen fällt, steigen die Basaltketten auf eine Höhe von mehr als 1500 Meter über dem Meeresspiegel an. In den Tälern dominiert Mopane-Gebüsch. Entlang der felsigen Rinnen, durch die das Regenwasser ablaufen kann, werden die Büsche größer. Es muss schon ein heftiges Gewitter geben, bevor Wasser durch diese Rinnen strömt und die Trockenflussläufe erreicht, die sich als Lebensadern bis tief in die Namib hinein durch die Schotterebenen ziehen. An einigen Stellen, wo der Grundwasserspiegel dicht unter der Erdoberfläche liegt, bilden Gruppen von anmutigen Euclea-Bäumen und ledrig-blättrigen Salvadora Sträuchern schattige Refugien vor der Tropensonne.
Wenn es dann ausgiebig geregnet hat, findet ein dramatischer Wandel in der Basalt-Region statt. Samen von einjährigen Gräsern und Krautpflanzen, die lange im dürftigen Erdreich zwischen den Steinen geschlummert haben, beginnen zu keimen und überziehen die Täler in wenigen Wochen mit Smaragdgrün. Der Kontrast zum rotbraunen Geröll an den Hängen könnte kaum ausgeprägter sein.
Dank der kurzfristig vorhandenen Feuchtigkeit im Boden können auch holzige Pflanzen neue Blätter hervorbringen und blühen. Bei solch plötzlicher Fülle an frischen Gewächsen vermehren sich Insekten, Nager und samenfressende Vögel in kürzester Zeit um ein Vielfaches. Und alle Tiere der Wüste mästen sich an den guten Gaben der großzügigen Natur.
Doch bald schon endet das Fest. In wenigen Monaten ist der grüne Grasteppich hellgelb, ausgebleicht von der Sonne und ausgetrocknet von den Winden, die im Winter vom Inlandsplateau fegen. Das Land dorrt wieder aus, und die Zeit der kurzlebigen Pflanzen und Insekten ist vorbei. Aber sie haben vorgesorgt und zahllose Samen und Eier hinterlassen, damit neue Generationen die Art erhalten, wenn der nächste Gewitterregen über der Wüste niedergeht.
Trotz des äußerst trockenen Klimas gibt es in den Höhenzügen viele kleine Quellen, die den Wasserbedarf einer erstaunlichen Vielzahl von großen Säugetieren decken. Und da der vulkanische Boden sehr fruchtbar ist, trocknet das Gras einer guten Regenzeit anschließend zu „Heu am Halm“, das seinen Nährwert jahrelang beibehält. Diese Rücklage an bester Weide in Zeiten mit wenig oder wirkungslosem Regen ist von entscheidender Bedeutung für das Bergzebra. Es ist das einzige ausschließlich Gras fressende Weidetier dieser Region. Wegen der Haltbarkeit der Weide und seiner Fähigkeit, weite Abstände zurückzulegen und die steilsten Hänge zu überwinden, kann das Bergzebra die häufigen Dürrezeiten überstehen.
Oryx Antilopen und Springböcke finden sich ebenfalls in großer Zahl ein, wenn nach kräftigen Regenfällen frisches Gras zum Vorschein kommt. Im Gegensatz zum Zebra sind beide Arten jedoch nicht auf Gras angewiesen. Sie ernähren sich auch von den Blättern der Wüstengewächse, und da sie zudem mit wenig Wasser auskommen, können sie sich tiefer und für längere Zeit in der echten Namib aufhalten, einem der trockensten Lebensräume der Erde.
Als reine Laubäser bevorzugen Kudus und Giraffen die baumreicheren Gegenden weiter landeinwärts, aber nach guten Regenfällen in der Prä-Namib – dem Gürtel aus Ebenen und felsigen Bergketten am Rande der Wüste – ziehen sie nach Westen, um sich am frischen Pflanzenwuchs gütlich zu tun. Giraffen wandern durch die größeren Trockenflussläufe bis weit in die Wüste hinein. Man kann sie auch in kleinen Gruppen geruhsam über die kargen Schotterflächen zwischen den Flussläufen schreiten sehen.
Die Pflanzenfresser ziehen ihrerseits die großen Raubtiere an. Löwenrudel jagen in den Hügeln und Trockenflussläufen, Geparden sind auf den Schotterebenen ihrer Beute hinterher und Leoparden lauern in Felsrinnen und an zerklüfteten Berghängen. Tüpfelhyänen räumen hinter den großen Katzen auf, jagen bei günstiger Gelegenheit aber auch selbst. Schakale sind allgegenwärtig. Schon seit langer Zeit ist auch hier der Mensch unter den Jägern – in der Vergangenheit als Jäger und Sammler, der Tiere erlegte, um sich von ihrem Fleisch und Fett zu ernähren, aber in jüngerer Zeit immer häufiger für kommerzielle Zwecke.
Besonders bemerkenswert ist, dass sogar Elefanten die Basaltketten bewohnen und sich genügsam von der Rinde und den Blättern der spärlichen Wüstenbäume und –sträucher ernähren. Durch ihre Wanderungen auf der Suche nach Futter und Wasser ist ein Netz von Trampelpfaden entstanden. Einige dieser Pfade führen über die höchsten Bergpässe. In der kühleren Jahreszeit ziehen manche Herden durch die größeren Trockenflussläufe in die Wüste. Zum Trinken suchen sie entlegene Quellen auf, deren Lage von einer Generation zur anderen weitergegeben wird.
In den 60er Jahren hatte der Nordwesten von Namibia den größten Bestand an schwarzen Nashörnern im ganzen Land. Doch haushohe Schwarzmarktpreise für ihr Horn haben diese Tierart in kaum mehr als einem Jahrzehnt hier und fast überall in Afrika an den Rand des Aussterbens gebracht.
Unter dem Titel ‚Garth – und wie er die Welt sieht‘ stellte ihn das TIME magazine vor rund 20 Jahren vor. In der Branche wird er als Naturschützer der Extraklasse bezeichnet und als der Mann, der das Kaokoland gerettet hat – die Heimat der Wüstenelefanten von Namibia. Garth Owen-Smith hat eine höchst ungewöhnliche und spannende Geschichte zu erzählen. Er ist ein talentierter Autor, der die Akteure seines Buches lebendig werden lässt, und er befasst sich mit drängenden Fragen. Die Antworten filtert er aus den Erfahrungen, die er als engagierter Naturschützer über vier Jahrzehnte hinweg im Kaokoland gesammelt hat. Das Buch darf durchaus als Blaupause für erfolgreichen Naturschutz in Afrika gelten.
Herausgeber: Jonathan Ball Publishers, Kapstadt, Süd Afrika
Dieser Artikel wurde erstmals in der 2016 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.