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Wilderei und der verlust von Lebensraum
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Unverhofft im letzten Licht

Harry hatte sich von seinen Freunden vom „Bazillus Africanus“ anstecken lassen. Für ihn war es das erste Mal Nmaibia. Er hatte auch gleich Jagderfolg, denn der Wildbestand ist groß. Ein kapitaler Keiler grubberte in der harten Erde, auf der Suche nach Queckewurzeln. Er war so konzentriert, dass er die anpirschenden Jäger nicht bemerkte.  In geduckter Haltung gingen wir langsam über die offene Grasfläche und nutzten jeden Busch als Deckung. Der Wind stand gut. Ich stellte das Dreibein auf. Von Hans Christian Denk

D er Keiler schaute kurz auf – das war sein fatales Ende. Harry hielt genau aufs Blatt und er brach im Feuer zusammen. Nach Überreichen des Bruches begutachteten wir den Ein- und Ausschuss. Dann holte ich den Wagen und Harry blieb solang beim Stück.

In der sengenden Mittagshitze war es nicht auszuhalten. Der Pool gab ein wenig Erleichterung von der Hitze und die obligatorische Siesta verkürzte das Warten. Nach dem Kaffee ging es dann zur täglichen Abendpirsch. Bei 30°C setzte der Namib Spider seine Pirschfahrt durch das felsige, dornige Gelaende fort. Mehrfach hielten wir auf Hügelkämmen an und glasten das Gelände nach einem starken Oryxbullen ab. Nichts rührte sich – kein Wild zu finden. Ohrenbetäubend zirpten die Zikaden.

Zwei Stunden später, mit Beginn der goldenen Stunde vor Sonnenuntergang, blieb nicht mehr viel Zeit. Doch jetzt änderte sich die Lage.

Plötzlich stand ein Oryx etwa 400m entfernt in einem Buschdickicht. Er hatte uns noch nicht bemerkt und schien zu dösen. Im günstigen Wind, jede Deckung nutzend, pirschten wir durch eine Talsohle näher heran. Ein Erosionsgraben gab uns perfekte Deckung. Auf etwa 100m fanden wir eine Schneise und ich stellte das Dreibein auf.
Ich hörte den lauten Atem meines Jägers und sein Herz schlug schnell. Harry legte an, und ich versuchte den Oryx genauer anzusprechen. Das erwies sich als relativ schwierig, da wir in die untergehende Sonne schauten. Der Oryx war sehr stark im Wildbret und zeigte lange Stangen. Das Alter konnte ich nur erahnen. Im Gegenlicht konnte ich die Färbung und Riffelung an der Hornbasis nicht erkennen. Plötzlich warf der Oryx auf. Er schien eine Gefahr zu spüren – der 6. Sinn der Wildnis. Hatte er uns schon bemerkt? Ich wurde unruhig und gab Harry den Schuss frei bevor der Oryxbulle abspringen würde.
Nach einem deutlichen Kugelschlag stürmte der Bulle im gestreckten Galopp durchs Gebüsch und brach nach etwa 80m in einer Staubwolke an einem Campherbusch zusammen. Wir verharrten reglos, um die rechts neben uns vom Schuss aufgeschreckte Hartebeestherde nicht auf uns aufmerksam zu machen. Die Kuhantilopen sollten möglichst keine Verbindung zwischen dem Schuss und uns herstellen.

Nach einer Weile, die sich wie fünf Minuten anfühlte, gingen wir dem Oryx nach. Plötzlich lag er vor uns. Dieser Bulle war richtig gut. Nicht nur seine kapitale Stangenlänge, sondern auch die eng überstrumpfte Hornbasis mit abgesplitterten Ecken deuten auf sein hohes Alter. Ich schätze ihn auf 12 Jahre. Die Hornlänge maß 94cm bei 19cm Umfang und brachte es auf stattliche 226 Punkte.

Inzwischen versank die Sonne blutrot hinter der Silhouette der Berge und der Abendhimmel wechselte seine Farben. Es kehrte Ruhe ein, in der Ferne heulte der erste Schakal. Zeit zum Aufbruch.

“ Plötzlich stand ein Oryx etwa 400m entfernt in einem Buschdickicht. Er schien zu dösen. Im günstigen Wind, jede Deckung nutzend, pirschten wir durch eine Talsohle näher heran.“

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Dieser Artikel wurde erstmals in der 2016 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.