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Zuletzt noch ein Eland

| Haupt Foto ©Mike Krafft

Es war der letzte Tag der Jagd. Jean Luis aus Neukaledonien hatte bereits gut gejagt und wollte nun gerne auch ein Eland bejagen. Elands waren uns ein paar Mal über den Weg gelaufen, aber immer nur Kühe mit kleinen Kälbern. Es war Anfang September und die Akazien fingen an zu blühen, wie jedes Jahr um diese Zeit. Ganze Täler waren mit gelblichen, Katzenpfoten ähnlichen Blüten geschmückt und dort mussten wir nach Elands suchen. Sie waren dankbar, in dieser trockenen Periode gutes Futter zu finden, denn nach 3 bis 4 Wochen ist alles verblüht. Von Rene Krafft

U m besser in den dichten Busch zu sehen, ließen wir den Jagdwagen am Fuße eines hohen Berges stehen und stiegen hoch. Es war ein heißer Frühlingstag und wir fingen schnell zu schwitzen an. Aber wir wollten den alten Elandbullen, den mit abgerundeten Hornspitzen, mit schwarzem Gesicht und dunkelbrauner Borste auf der Stirn, den Alten mit weit herunterhängender Wamme. Ja, so einen wollten wir. Ich hatte den Bullen schon einige Male im Glas gehabt und jetzt wollte ich ihn jagen, zu Fuß an ihn heranpirschen, im dichten Bush.

Es ist eine Herausforderung, ein Eland zu jagen. Meist werden sie bejagt indem man eine frische Spur an einem Wasserloch findet und der Fährte folgt bis zum Äsungsplatz, wo sie sich einstellen und niedertun wenn es wärmer wird. Oder man versucht sich anzupirschen, wenn man den richtigen Bullen gefunden hat. In Gegenden dichter Verbuschung werden Elands auch vom Ansitz aus erlegt. Ich hatte keinen Ansitz und auch keine Fährte – also musste ich suchen. Und ich musste den Bullen heute finden, da es der letzte Jagdtag war.

Also weiter den steilen Berg hoch, den wir Wit Koei nennen, Weiße Kuh. Ein Felsvorsprung spendet uns Schatten. Jean Luis ist 75 Jahre alt aber kernig, sportlich und fit. In Vietnam geboren, hat er uns so manche Geschichte aus seinem Leben zu erzählen gehabt. Ein Mann mit Durchhaltevermögen, der viele Gefahren kennt und Dinge erlebt hat, die sich viele von uns nicht einmal träumen lassen. Unser Atem geht inzwischen ruhiger und wir glasen das Tal vor uns systematisch ab.

Jeremias, mein jahrzehntelanger Jagdbegleiter und Jagdführer, erspäht die Eland-Gruppe zuerst. Sie sind gar nicht so weit weg und stehen unter den Schatten spendenden Büschen. Einige stehen ruhig da, derweil andere die Blüten abfressen. Erst sehen wir nur sieben Elenantilopen, aber es sind bestimmt mehr. Also sitzen wir ruhig im Schatten und beobachten die Gruppe und suchen nach den anderen. Der alte Bulle muss irgendwo sein…. Aber wo? Es ist später Vormittag, der Schatten wird immer kleiner. Und dann steht er plötzlich da, zwischen den jungen Bullen. Deutlich können wir seine lange, tief hängende Wamme sehen, und sein Gesicht ist fast schwarz, mit einem dichten braunen Schopf auf der Stirn. Ein Staunen geht durch unsere kleine Gruppe. Was für ein toller Anblick, so groß und wuchtig steht er da, mindestens 600 kg wiegt dieser alte Bulle.

Schnell hatten wir ausgemacht wie wir die Elands angehen, wo wir uns anpirschen würden. Die Windrichtung war gut, aber wir mussten einen großen Umweg gehen, da die Elands uns hören würden wenn wir den Berg jetzt wieder direkt heruntersteigen würden.  Also ließ ich Jeremias auf dem Berg sitzen, ein paar Handzeichen wurden ausgemacht, so würde ich immer wissen wo die Elands sich befanden, denn wir würden sie erst sehen wenn wir schon sehr nahe dran waren.

„Es ist eine Herausforderung, ein Eland zu jagen. Meist versucht man, einer frischen Spur von einem Wasserloch zum Äsungsplatz zu folgen, wo sie sich niedertun wenn es wärmer wird.“

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Jean Luis mit dem 600 kg schweren Eland-Bullen.

Lautlos stiegen wir in entgegengesetzter Richtung hinunter und pirschten uns langsam an die Elands heran, jeden Busch vermeiden, so leise und geschmeidig wie möglich durch den Busch. Jeremias zeigte an, dass alles noch ruhig war. Weiter, langsam in dieselbe Richtung, den Busch vor mir mit den Augen durchdringen, denn wir mussten die Tiere zuerst erblicken um dann irgendwie an den Bullen zu kommen.

Plötzlich ein Brechen von Ästen, ein lautes Getrampel… schnell hinterher in die Lichtung, vielleicht verhoffen sie nochmal?  Aber nichts dergleichen, weg waren sie, und wir fühlten wieder die Hitze. Wir trafen uns am Auto und Jeremias erklärte, wohin die Elands getrabt waren. Nach der Mittagspause würden wir sie dort anpirschen. Manchmal ist es gut, eine Pause zu machen und neue Pläne zu schmieden.

Wieder saßen wir auf dem Berg und konnten den alten Bullen unter einem großen Busch finden. Er hatte sich niedergetan und er schien allein zu sein, die anderen Tiere waren etwa 200 Meter weiter weg.  Das sollte zu schaffen sein, nichts wie los. Ein paar Kameldornbäume merkte ich mir zur Orientierung. Es war etwa ein Kilometer bis dort. Diesmal gingen nur Jean Luis und mein zehnjähriger Sohn Juri mit mir. Juri ist begeisterter Jungjäger und würde uns unauffällig begleiten.

Ich hatte mir die Strecke gut eingeprägt und der Wind war sehr günstig. Wir mussten sie nur sehen bevor sie uns zu Gesicht bekamen. Ich zeigte Jean Luis an, dass wir sehr nahe waren und oberste Vorsicht geboten war, als mit einem Male etwa 20 Elands vor uns aufsprangen und davontrabten, sie waren 50 Meter von uns weg. Ich hatte gewusst, dass es nicht einfach ist. Immerhin hatte ich jetzt die frische Fährte vor mir. Leicht im roten Sand zu folgen, gingen wir den Elands nach. Jean Luis führte meine 8x68S Mauser mit dem 180 Grain Nosler Geschoss.

Und dann muss es schnell gehen: in einer kleinen Schneise erscheint der wuchtige Körper des Elandbullen, er verhofft just in der Öffnung  und sein ganzes Schulterblatt ist frei!  Aber wir müssen noch einen kleinen Busch umgehen, ich bedeute Jean Luis zu laden und sich sehr langsam zu bewegen, dann mir zu folgen, Juri muss dableiben hinterm Bush, bloß keine hastigen Bewegungen jetzt, wir gleiten um den Busch, ich bücke mich um als Auflage zu dienen und halte meine Ohren zu, spüre wie Jean Luis anlegt und nach einem kurzen Zittern abdrückt.

Der Bulle war 80 Meter weg, der Kugelschlag deutlich zu hören und er zeichnete gut. Ich hatte die Befürchtung, dass Jean Luis ihn etwas zu weit hinten erwischt hatte, doch ich war guter Dinge.  Etwa 100 Meter weiter stand der getroffene Bulle und schwankte, ein zweiter Schuss über meine Schulter streckte ihn dann entgültig nieder.  Was für ein grandioser Bulle, was für eine Jagd.

„Nun muss es schnell gehen: in einer kleinen Schneise erscheint der wuchtige Körper des Elandbullen, er verhofft just in der Öffnung und sein ganzes Schulterblatt ist frei!“

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Das Zebra hinter dem jungen Elandbullen macht deutlich, wie enorm groß diese Antilopenart ist. Dirk de Bod machte das Foto im Etosha Nationalpark.
Dieser Artikel wurde erstmals in der 2015 Deutsch-Ausgabe von HUNTiNAMIBIA veröffentlicht.